In den ersten Supermärkten haben die Kunden bereits wieder so viel Klopapier gekauft, dass einzelne Regale vorübergehend leer waren. Das ist ein Schlag in die Magengrube für alle, die gedacht haben, dass die peinlichen Szenen aus dem Frühjahr nur eine Manie waren, ein temporärer Sieg des Instinkts über die Vernunft. Aber nein, wenn die Corona-Zahlen steigen, sinken offenbar die Lagerbestände des flauschigen Hygieneartikels. Dabei gilt jetzt genau wie damals: Es wird nicht weniger Klopapier produziert und es wird nicht mehr Klopapier benötigt. Es gibt keinen Engpass, keine Lieferschwierigkeiten, kein Embargo. Das Klopapier ist da. Ihr Nachbar hat jetzt fünf Pakete im Keller. Alles, was heute anders ist als „früher“, ist der erschütterte Glaube der Konsumenten daran, dass Klopapier ein Produkt ist, das sie im Handel so verlässlich vorfinden wie die Brötchen beim Bäcker. Schuld an der Misere ist eine zwielichtige Gruppe: die anderen. Die ersten Panikkäufe sind nur die Initialzündung. Mitschuldig an der Klopapier-Misere machen wir uns alle, wenn wir jetzt mitziehen. Nicht, weil wir gerne Klopapier horten, sondern weil wir die halbleeren Regale sehen und plötzlich das Gefühl haben, zu kurz zu kommen. Das ist der Moment, an dem es gilt, ruhig zu bleiben und innerlich folgenden Satz aufzusagen: „Es gibt genug Klopapier.“ Dann kaufen wir Gläubigen eine (!) Packung und verlassen unaufgeregt den Supermarkt – als Teil der Lösung.
Meinung Klopapier – eine Glaubensfrage
Wuppertal · Jetzt geht es wieder los. In den Regalen fehlt das Klopapier. WZ-Redakteur Daniel Neukirchen sagt: Es gibt kein Problem – wir müssen alle nur daran glauben.
23.10.2020
, 07:00 Uhr