Wuppertaler Meisterwerke Otto Dix als rasender Reporter im Tanzclub

„An die Schönheit“ ist in der gleichnamigen Sammlungspräsentation des Museums zu sehen.

„An die Schönheit“ von Otto Dix aus dem Jahr 1922.

Foto: Von der Heydt Museum

Dass es sich bei diesem Werk um ein Selbstbildnis des Künstlers Otto Dix (1891-1969) handelt, würde man zunächst nicht annehmen. Er stellt sich hier als eine Art rasenden Reporter ins Zentrum einer abendlichen Tanzclubszene. Den Raum hinter ihm bevölkern allerlei skurrile Gestalten: Tanzende, ein Schlagzeuger, Kellner und eine Dekorationsbüste. Kaltes Schlaglicht hebt das Gesicht des Dreißigjährigen aus dem Halbdunkel hervor. Wie ein Signal markiert das spitze Dreieck seines weißen Hemdes präzise den Bildmittelpunkt und betont seine zentrale Rolle. Den Betrachter aus den Augenwinkeln fixierend, gibt Dix sich ernst und nüchtern. Sein Gesicht wirkt wie eine weiß geschminkte Maske. Der Telefonhörer in seiner Linken unterstreicht seine Abgrenzung vom Tanzvergnügen wie auch von der traditionellen Künstlerrolle. Die moderne Verbindung nach außen kennzeichnet ihn als Berichterstatter, als „Wirklichkeitsmenschen“, wie er sich später selbst bezeichnete. Seine Devise in den 1920er Jahren lautete: „Entweder ich werde berüchtigt – oder berühmt!“

„An die Schönheit“ ist auch der Titel eines Gedichts des elsässischen Lyrikers Ernst Stadler, der durch seine Gedichtsammlung „Der Aufbruch“ zu einer Leitfigur des Expressionismus geworden war. Gegen expressionistische Tendenzen grenzte Dix sich nach seinen Fronterfahrungen als Freiwilliger im Ersten Weltkrieg entschieden ab: „Kunst machten die Expressionisten genug. Wir wollten die Wirklichkeit ganz nackt, klar sehen, beinahe ohne Kunst.“

So entwickelte er einen polemisch zugespitzten, sozialkritischen Verismus. Zunächst Mitbegründer der „Dresdner Sezession Gruppe 1919“, kam er 1920 mit der Dadaisten-Bewegung in Kontakt und siedelte 1922, im Jahr dieses Selbstportraits, nach Düsseldorf über, wo er sich der Avantgarde-Gruppe „Junges Rheinland“ anschloss. 1927 kehrte er als Akademieprofessor nach Dresden zurück.

Figurenbilder dieser bürgerlichen Lebensphase belegen eine Tendenz zum altmeisterlichen, manieristischen Realismus. Seine Porträts waren bei Sammlern und Museen hochgeschätzt. 1933 gehörte er zu den ersten, die das NS-Regime ihrer Ämter enthob. Er überstand die Verbotszeit, ländlich zurückgezogen, in der inneren Emigration.

Das Bild „An die Schönheit“ konnte 1977 für unsere Sammlung erworben werden. Seitdem gehört es zu unseren beliebtesten Werken und wird dementsprechend häufig von anderen Museen ausgeliehen. 2015/16 zierte es die Plakate einer Ausstellung zur Neuen Sachlichkeit im Los Angeles County Museum und trug den Namen Von der Heydt-Museum in die weite Welt. Nun ist das beeindruckende Gemälde als einer der „Stars der Sammlung“ in der gleichnamigen Sammlungspräsentation „An die Schönheit“ zu sehen.