Was strömten die Menschen in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts in die Stadtmitte! Der Mantel, die Schallplatte und die Planung der nächsten Reise – das alles ließ sich in der City erledigen. Der Besuch dieses exklusiven Ortes war eine Freizeitaktivität für sich, Bummeln gehen ein Hobby. Heute mag das schwer vorstellbar sein, dass der Blick der Passanten über die Schaufenster schweift und an einer neuen Handyhülle hängen bleibt. Die Inspiration für den nächsten Einkauf holen sich die allermeisten Menschen eben nicht mehr beim „Flanieren“ in der Innenstadt, sondern beim Blättern durchs Internet. Und wer bewusst in die City geht, der will es nett haben. Freundliche Beratung, schmucke Lädchen und ein persönlicher Kontakt. Das alles verbindet man heute in Elberfeld aber eher mit dem kleinen Einzelhandel, wie er rund ums Luisenviertel zu finden ist.
Diese Entwicklung ist so neu wie das Internet. Also überhaupt nicht. Die Fußgängerzone zwischen Döppersberg und Neumarkt ist in der Krise und viele Meldungen der letzten Jahre und Jahrzehnte sind nicht mehr als die Dokumentation einer Abwärtsspirale. Bilder von einer leeren Kaufhof-Hülle, die einen Billig-Discounter beheimatet, ein zerfallenes Abeler-Haus und ein zerfleddertes Pflaster der Poststraße. Das ist eine Bilderstrecke, die sich in den Köpfen festsetzt und am Ende auch die Kaufentscheidung beeinflusst.
Da sich digitaler Fortschritt nicht zurückdrehen lässt, muss bei jedem Stadtplaner angekommen sein, dass das Einkaufserlebnis alleine nur noch in Ausnahmefällen der Magnet einer City sein kann. Aber was wäre, wenn die Innenstadt so etwas wie das Wohnzimmer einer Stadt wird? Ein Platz, an dem man sich gerne aufhält, weil es dafür gute Gründe abseits des Einzelhandels gibt. Und wenn man schon einmal da ist, sitzt vielleicht auch das Geld locker.
Wuppertal steckt derzeit tief in den Planungen für eine Innenstadt, die neue Anreize bietet. Endlich gibt es gute Gründe, optimistisch zu sein, dass die Besucherfrequenz in Zukunft wieder steigen wird. Stadtbibliothek, Bergisches Weiterbildungskolleg und VHS sollen ins ehemalige Kaufhofgebäude ziehen und damit wertvolle Infrastruktur in den Stadtkern verlagern. Zudem wird die Bundesbahndirektion zu einer neuen Anlaufstelle von Stadtverwaltung, Jobcenter und Uni – eine Adresse, die Frequenz verspricht. Passend dazu das Timing beim Abeler-Haus: Auch diese Immobilie, die nun jahrelang zum Symbol für den Niedergang der Poststraße wurde, wird wieder belebt, ebenso das Bahnhofsgebäude am Döppersberg. Dazu gibt es die Ankündigung, dass der Platz am Kolk zu einem Ort der Aufenthaltsqualität werden soll. Dass das funktionieren kann, ist im Rahmen der Pop-up-Buga unter Beweis gestellt worden.
Diese ganzen Bausteine versprechen, mehr als die Summe der Einzelteile zu werden. Das Wohnzimmer der Stadt erfindet sich vielleicht nicht neu – doch es wird renoviert. Das sollten die Wuppertaler auch als Einladung verstehen, diesen Raum wieder mit Leben zu füllen.
Offen gesagt Neue Anziehungskraft
Wuppertal · Die Elberfelder Innenstadt ist ein Magnet, dessen Anziehungskraft von Jahr zu Jahr schwächer geworden ist.
01.02.2025
, 11:23 Uhr