Der prächtige Mailänder Dom, genauer eines seiner Portale, hatte die Chance, ein weiterer „Ausstellungs“-Ort für Fontanas Kunst zu werden. Er wurde es nicht. Zu aufwendig und extravagant erschien der Jury der Entwurf mit seinem ungewöhnlichen, einzigartigen Charakter, den Fontana für eines der fünf Portale geschaffen hatte: Die bizarren, sich auflösenden Figuren, die in den Raum hineinragen. Was ihm damit entging, kann dennoch in der Metropole in Augenschein genommen werden. Ein hoher Raum im Museo Diocesano, gelegen an der ruhigen Piazza Sant’Eusorgio mit ihren hohen Bäumen, zeigt Modelle des italienisch-argentinischen Künstlers. Eine weitere bedeutsame Facette, die die Wuppertaler präsentieren wollen.
Als Lucio Fontana 1928 von Argentinien nach Italien zurückkehrte, nahm er ein Studium an der Kunstakademie di Brera in Mailand auf. Die im Namen gebenden Quartier gelegene Kunstakademie war 1809 eröffnet worden. Sie beherbergt bis heute eine umfangreiche Sammlung italienischer Renaissance- und Barockkunst. Ein beeindruckendes, raumgreifendes künstlerisches Ambiente, in das der damals 29-Jährige eintauchte. Sein Lehrer war der Symbolist Adolfo Wildt, der eine Vorliebe für klare Konturen und einen flächenhaften Aufbau hatte. Wildt montierte seine Madonnenköpfe vor einen Wolkenhimmel aus geflammten Marmorplatten. Fontana forschte, suchte nach einer neuen Dimension für seine Kunst, die Malerei und Skulptur verbinden sollte, ohne sich endgültig festzulegen. Dank seiner Beschäftigung mit der Bildhauerei in Argentinien fand er sich rasch in die Welt der Keramik ein. Er nahm die von ihm als einzigartig empfundene Freiheit, Bewegung, Dynamik und Kühnheit der Barockkunst auf. Verband diese mit dem, ihn ebenfalls inspirierenden Futurismus. Er arbeitete mit Gips und Teer, farbiger und glasierter Terrakotta, schuf vergoldete Mosaike. 1935 zog er sich in seine Werkstatt in Albisola zurück, wo er in Zusammenarbeit mit Tullio Mazzotti arbeitete. Die innovativsten Skulpturen entstanden Ende der 1940er Jahre: Lebendige Keramiken, die das Licht reflektieren und so Effekte, die weitere Bewegungen erzeugen.
Wuppertaler Von der Heydt-Museum Wie Fontana beinahe ein Portal des Mailänder Doms gestaltet hätte
Wuppertal · Das Von der Heydt-Museum widmet dem italienisch-argentinischen Künstler ab Herbst eine Ausstellung – Teil 4.
14.08.2024
, 11:00 Uhr