50 Jahre zurückgeblättert Wuppertal im November 1972: Als Willy Brandt in die Stadthalle kam und die Stadt ein raues Pflaster war

Wuppertal · Für diese neue Serie sichtet WZ-Redakteur Daniel Neukirchen die Zeitungen des Generalanzeigers, die genau vor 50 Jahren erschienen sind. Darin: Spannendes, Erschütterndes und Kurioses aus einer anderen Zeit.

Willy Brandts Wuppertal-Besuch sorgte für einen riesigen Ansturm auf die Wuppertaler Stadthalle.

Foto: Kurt Keil

1000 Schüler ziehen durch die Barmer Innenstadt. Der Protestmarsch mit vielen selbstgemalten Transparenten endet vor dem Wuppertaler Rathaus. Die Schüler sind aufgebraucht, wollen Antworten von der Politik. Das Ganze erinnert aus heutiger Sicht an Fridays for Future. Nur ist es der November 1972 und der Klimawandel mobilisiert noch keine Schülerscharen. Den Jugendlichen, die da Oberbürgermeister Gottfried Gurland (SPD) ausbuhen, geht es noch nicht um „Future“, sondern viel mehr um ihre unmittelbare Gegenwart. Die „hauswirtschaftliche und sozialpädagogische“ Schule an der Kohlstraße platzt aus allen Nähten. „Sollen wir uns stapeln?“, steht auf einem Plakat. Eine legitime Frage, denn an der Kohlstraße wurden bereits Waschküche, Gartengeräteraum und Garderobe zu Klassenzimmern umfunktioniert. Während des Unterrichts rotiert die schmutzige Wäsche. Angeblich sei den Schülern ein Ausbau der Schule fest versprochen gewesen, behaupten die Protestführer. Daran kann sich allerdings Oberbürgermeister Gurland, Nachfolger von Johannes Rau, irgendwie gar nicht mehr erinnern. Trotzdem verläuft die Demo friedlich.