Wenn mir als Kind zu heiß war, suchte ich den kältesten Ort der Wohnung auf – unser Bad. Es war wohltuend erfrischend, wenn ich meinen erhitzten Körper gegen die kalten Wandfliesen presste oder ich mich in die mit eiskaltem Wasser gefüllte Badewanne setzte. Ich überlegte oft, ob ich es wagen könnte, im Kühlschrank zu übernachten, groß genug war er, weil ich noch ausreichend klein war. Natürlich hätte ich vorher alle Lebensmittel rausstellen müssen, die aber dann in der schwülen Nacht verdorben wären. Es war mir recht früh klar, dass auch reine Träumerei zu einer gewissen Befriedigung führen konnte. Beim gedanklichen Ausräumen unseres Kühlschranks beließ ich den leckeren Rhabarber-Kompott mit Omas Vanillesoße im Inneren, da ich befürchtete, wenn die Köstlichkeit so einsam in der Nacht auf dem Küchentisch steht, würde sie von den übrigen Familienmitgliedern aufgegessen.
Begrabt mein Herz in Wuppertal Uwe Becker: Eine Nacht im Tiefkühlfach
Wuppertal · Der WZ-Kolumnist ist auf der Suche nach Abkühlung.
13.07.2022
, 07:30 Uhr