Seit Beginn der Corona-Pandemie hat die Stadt Wuppertal bei Verstößen in Zusammenhang mit dem Infektionsschutz Bußgelder in Höhe von mehr als 1,8 Millionen Euro geschrieben. Doch auf Anfrage der WZ teilte die Stadtverwaltung jetzt mit: Nicht einmal 740 000 Euro davon sind bislang in die Stadtkasse geflossen – weniger als die Hälfte. Mehr als eine Million Euro an Bußgeldern sind nach dem aktuellen Stand noch offen. Bei den Corona-Strafen legen die Wuppertaler gerne Einspruch ein oder zögern die Zahlung heraus. Und: 542 Verfahren sind bereits eingestellt worden. In allen diesen Fällen haben sich die Bürger erfolgreich gegen das „Corona-Knöllchen“ gewehrt.Wie kommt es zu diesen Zahlen? Stadt-Sprecher Thomas Eiting erklärt nach Rücksprache mit dem Ordnungsamt: „In einigen Fällen können die Betroffenen im Nachhinein glaubhaft machen, dass die Ordnungswidrigkeit zu Unrecht erlassen wurde.“ Wie bei anderen Bußgeldern auch gebe es immer die Möglichkeit, schriftlich die Unschuld zu begründen. „In anderen Fällen müssen wir feststellen, dass die Beweislage für ein gerichtliches Verfahren nicht ausreichen würde, in solchen Fällen wird das Verfahren auch eingestellt“, sagt Eiting.Corona-Verfahren beschäftigen
auch das AmtsgerichtBei den Corona-Bußgeldern stößt die Stadt auf Widerstand. Eiting sagt: „Warum so viele Bußgelder noch nicht gezahlt wurden, können wir nicht erklären. Wie bei einem ,Knöllchen’ gibt es Menschen, die sofort zahlen, andere, die gegen das Bußgeld Einspruch einlegen und wieder andere, die erst gemahnt werden müssen oder die es dann am Ende auf ein Verfahren ankommen lassen wollen.“Richterin Inka Reber vom Wuppertaler Amtsgericht bestätigte der WZ, dass man am Eiland mit verschiedenen Verfahren zu tun hat, die sich mit Verstößen gegen die Corona-Schutzverordnung befassen. Statistisch werden sie allerdings nicht gesondert erfasst.Besonders häufig sind die Bürger nicht einverstanden, wenn sie auf die Maskenpflicht angesprochen werden oder bei unzulässigen Personenansammlungen. Wie Eiting mitteilt, sind das die beiden Zusammenhänge, bei denen es die meisten Einsprüche gibt. Genaue Zahlen, wie oft Einsprüche zu welchen Tatvorwürfen eingelegt wurden, seien nicht ermittelbar. Eiting skizziert das Problem aus Sicht des Ordnungsamtes: „Wir haben bei diesen Vergehen eine ganz andere Beweislage als etwa bei einem Verkehrsvergehen, bei dem es ein Foto gibt.“ Eine ähnlich schlechte „Zahlungsmoral“ stelle die Stadt demnach auch bei anderen Vergehen fest, bei denen ein Fotobeweis unüblich sei. Beispielsweise bei Bußgeldern gegen Hundehalter, die ohne Kotbeutel unterwegs sind.Ein Faktor für die allgemein geringe Zahlungsquote könnte zudem der inflationäre Anstieg von Anzeigen insgesamt sein. 2019 registrierte die Stadt noch 4188 Privat-Anzeigen aus der Bürgerschaft. Im Corona-Jahr 2020 stieg die Zahl sprunghaft auf 6009 an. Und auch im noch jungen Jahr 2021 sind bereits rund 1900 Anzeigen bei der Stadt eingegangen. 1180 Anzeigen haben - seit Beginn der Pandemie - mit Corona-Verstößen zu tun. Eiting erklärt: „Auch die Möglichkeit, online Anzeigen aufzugeben, führt dazu, dass dies mehr Leute tun.“ Über ein Formular auf der Internetseite der Stadt können alle möglichen Vergehen gemeldet werden - von Schwarzarbeit über Falschparken und Verstöße gegen den Jugendschutz bis hin zu Gewerbeangelegenheiten.Aus dem gewerblichen Bereich kommt das bislang höchste verhängte Corona-Bußgeld. Eine Shisha-Bar hatte trotz der aktuellen Corona-Bestimmungen wiederholt die Türen für Kunden geöffnet. Das Ergebnis war eine 5000-Euro-Strafe.Die Einnahmen durch Bußgelder dieser Art kann die Stadt gut gebrauchen. „Das ist ein kleiner Beitrag zur Finanzierung der coronabedingten Belastung unseres Haushalts“, sagt Stadtkämmerer Johannes Slawig. Allein in diesem Jahr rechnet die Stadt mit einer Mehrbelastung von 78 Millionen Euro durch die Corona-Pandemie. Gründe dafür sind etwa Mindereinnahmen durch die Gewerbesteuer und die Schließung des Zoos. Diese Mindereinnahmen führt die Stadt in einem separaten Sonder-Haushalt auf, für den andere Spielregeln gelten. So müssen diese Schulden erst in einem Zeitraum von 50 Jahren beglichen werden. Daher ist die Gegenfinanzierung durch die Bußgelder nicht unwichtig.Kämmerer Slawig ist ebenfalls verwundert über die hohe Quote der nicht bezahlten Corona-Strafen. Er macht aber deutlich, dass die Stadt auch bei langwierigen Verfahren am Ball bleibt. Wer einfach nicht reagiert, erhält irgendwann eine Mahnung. 3765 Corona-Verfahren sind bereits abgeschlossen – 3743 Verfahren laufen noch. Ende offen.
Wuppertaler Corona-Strafen Eine Million Euro an Bußgeldern sind noch nicht bezahlt
Wuppertal · 542 Verfahren wurden bereits eingestellt, Einsprüche gibt es überwiegend bei Verstößen gegen die Maskenpflicht.
20.04.2021
, 05:30 Uhr