Erinnert man sich daran, sorgt dies immer noch für wütende Bauchschmerzen: Mit Beginn der Pandemie und den Restriktionen im Jahr 2020 wurde die Kultur flächendeckend als „nicht systemrelevant“ eingestuft und deren Akteure quasi mit einem Berufsverbot belegt. Die Einschränkungen sind vorbei, die Säle und Hallen fassen wieder Besucher, wenn auch noch zögerlich – und doch hat die Brüskierung, der die Kulturbranche seitens der Politik ausgesetzt war, eine Narbe hinterlassen. So hat Kulturdezernent Matthias Nocke auch im neuerlichen Krisenmodus durch die Energiekrise das hehre Ziel, die Theater-, Konzert- und Opernhäuser geöffnet zu lassen. Zu Recht. Als soziale wie kulturelle Anlaufstellen, als gesellschaftliche Fixpunkte, nicht zuletzt auch weiterhin als Orte des Eskapismus, die – sofern sie die Besucher nicht dauerhaft mit bühnenadaptierter Krisenanalyse konfrontieren – eintauchen lassen in eine andere, gern auch mal bunte, poetische, humorvolle Welt, in der wir genau diese Welt für einen Moment anhalten können. In der uns am Ende nicht der Schmerz übermannt, sondern alles gut ist. Oder zumindest die Hoffnung verbreitet, dass es einmal wieder so sein kann. Auch das sind Auftrag und Botschaft der Kultur. Und deshalb mit allen Sinnen systemrelevant. Damit es nicht irgendwann wieder heißt: „Der Zustand ist kritisch, aber stabil.“
Kulturelles Leben Wuppertaler Kultur: Für einen kleinen Moment die Welt anhalten
Meinung | Wuppertal · Für WZ-Redakteur Martin Gehr sind die Wuppertaler Kulturhäuser weiterhin Orte des Eskapismus. Was Kultur sein kann und vielleicht sogar sein muss.
05.01.2023
, 11:00 Uhr