Freies Netzwerk Kultur Wuppertaler Kultur-Kolumne: Einzigartig, irrational, verantwortlich

Wuppertal · Künstler Daniel Hoernemann befasst sich mit dem Unvereinbaren.

Daniel Hoernemann

Foto: Harald Neumann

Die vergangenen Monate haben mir gezeigt, dass wir uns tiefergehend mit dem „sowohl-als-auch“, dem „und-und“ sowie mit dem dazwischen entstehenden Spannungsfeld befassen müssen. Es scheint nämlich rational nicht erklärbar, dass ich mit Menschen zunächst in einen Raum mit Abstand und Masken einem Vortrag lausche, um im Anschluss mit denselben Menschen an einem Tisch zu sitzen und (natürlich ohne Masken) zu essen. Diese Irrationalität ist Alltag. Und genau das ist der Muskel, der trainiert werden muss, z. B. für eine Vertiefung unseres Demokratieverständnisses: das bewusste Wahrnehmen und das Aushalten von Unvereinbarem. Es ist beides da und es hat beides seine Berechtigung und es wird klar, dass ich keines beseitigen kann, ohne neue Probleme und weitere Unvereinbarkeiten zu erzeugen. In meiner Arbeit als bildender Künstler ist diese Spannung die Grundlage meiner Kreativität. „Es ist unvereinbar? Wie wunderbar, lass uns etwas damit machen.“ Die Unvereinbarkeit, der gegenseitige Ausschluss oder das „entweder-oder“ stellen sich in Bezug auf Kreativität und Entwicklung nur kurzfristig als Blockade dar. In einem schöpferischen Prozess muss diese Blockade nicht nur überwunden, sondern akzeptiert und transformiert werden.