Begrabt mein Herz in Wuppertal WZ-Kolumnist Uwe Becker erinnert sich an die Anfangszeit der Börse

Wuppertal · Als die Einrichtung eröffnet wurde, war Uwe Becker gerade im Wehrdienst.

Uwe Becker, 1954 in Wuppertal geboren, ist Chefredakteur des Wuppertaler Satiremagazins Italien und Mitarbeiter des Frankfurter Satiremagazins Titanic. Jeden Mittwoch schreibt er über sein Wuppertal.

Foto: Joachim Schmitz

Als am Abend des 8. November 1974 das Kommunikationszentrum Die Börse eröffnet wurde, lag ich 449 Kilometer entfernt in Lübeck-Blankensee im Gelände und quälte mich mit Sturmgepäck, Stahlhelm und Gewehr durch den Schlamm, nachdem ich vorher noch einen anstrengenden 40-Kilometermarsch absolvieren musste. Lübeck lag unmittelbar an der Grenze zur ehemaligen DDR. Im Angesicht des Feindes leistete ich dort von Januar 1974 bis März 1975 meinen Wehrdienst ab. An diesem Abend trat ich nicht wie gewohnt meinen Wochenendurlaub an, da ich einfach zu fertig war. Vier Monate musste ich noch durchhalten, dann war der Spuk endgültig vorbei und ich konnte mir endlich wieder die Haare bis zum Hintern wachsen lassen. Mit meinen kurzen Haaren ging ich in dieser Zeit eher ungern weg, da man direkt als Wehrdienstleistender erkannt wurde. Die Eröffnung der Börse am Viehhof wurde also definitiv ohne mich gefeiert. Die in der Börse später eingerichtete Beratungsstelle für Wehrdienstverweigerer kam für mich eindeutig zu spät. Allerdings hat der Wehrdienst bei mir auch keine bleibenden Schäden hinterlassen, außer, dass ich immer noch zu oft aus der Hüfte schieße. Meine ersten Erinnerungen an fröhliche, bekiffte und bierselige Abende in links-alternativen Einrichtungen - den Begriff „links-grün-versifft“ gab es freundlicherweise noch nicht - gehen bis ins Jahr 1972 zurück.