107 000 Straftäter trotz Haftbefehlen frei
Wiesbaden/Frankfurt (dpa) - Deutschlandweit sind Tausende Straftäter trotz Haftbefehlen auf freiem Fuß. Dahinter stecken nach Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) in vielen Fällen aber kleinere Delikte.
Ende 2015 seien es 107 141 offene Haftbefehle gewesen, sagte eine BKA-Sprecherin in Wiesbaden und bestätigte damit einen Bericht des Radiosenders hr-info. Darunter seien auch Ersatzfreiheitsstrafen. Die werden verhängt, wenn Geldstrafen wegen mittlerer oder kleinerer Delikte nicht bezahlt werden.
In dem HR-Bericht betonte die Kriminologische Zentralstelle in Wiesbaden, eine Forschungs- und Dokumentationsstelle von Bund und Ländern für die Strafrechtspflege, es handele sich bei den offenen Haftbefehlen überwiegend um Täter von Bagatelldelikten.
In Nordrhein-Westfalen beispielsweise waren nach Angaben des LKA Ende März mehr als 24 300 Menschen wegen nicht verbüßter Freiheitsstrafen mit Haftbefehl zur Fahndung ausgeschrieben. Den Großteil, fast 15 700 Haftbefehle, machten Ersatzfreiheitsstrafen aus.
Ähnlich das Bild in Hessen: Dort kamen laut Wiesbadener Justizministerium auf rund 4600 offene Haftbefehle knapp 2000 Fälle von nicht bezahlten Geldstrafen etwa wegen Beleidigung, Schwarzfahrens oder Verkehrsdelikten. Der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt, Alexander Badle, sagte: „Das ist kein Aufregerthema.“ Es sei nicht so, dass reihenweise gefährliche Straftäter auf offener Straße herumliefen.