25 Jahre nach Sandoz ist der Rhein so sauber wie nie
In einer Giftwelle trieben damals Tausende tote Fische im Fluss. Die Katastrophe setzte ein Umdenken in Gang.
Basel/Düsseldorf. Vor einem Vierteljahrhundert war der Rhein plötzlich blutrot. Am 1. November 1986 war in einer Lagerhalle des Schweizer Chemieunternehmens Sandoz in Basel ein Großfeuer ausgebrochen — hochgiftiges, rot gefärbtes Löschwasser floss in den Rhein. Es löste ein bis dahin nicht gekanntes Fischsterben aus. 25 Jahre danach sind die Spuren beseitigt. Die Folgen des Unglücks prägen den Fluss und seine Anwohner aber noch immer — und zwar positiv.
Ort des Unglücks war — bei Flusskilometer 169 — das direkt am Rhein bei Basel gelegene Industriegebiet „Schweizerhalle“. Eine Lagerhalle, in der sich 1350 Tonnen hochgefährliche und giftige Chemikalien befanden, ging in Flammen auf. Mehr als 20 Tonnen Gift flossen mit dem Löschwasser ungehindert in den Rhein. Und damit in den Fluss, der rund 20 Millionen Menschen in Deutschland mit Trinkwasser versorgt.
Die Giftwelle schob sich rheinabwärts: Sie löschte den gesamten Aalbestand auf einer Strecke von mehr als 400 Kilometern aus, tötete zahlreiche andere Fische und Lebewesen. Bilder von tausenden verendeten Aalen, die aus dem Rhein gefischt wurden, gingen um die Welt. Die Trinkwasserentnahme aus Deutschlands „Schicksalsfluss“ wurde bis in die Niederlande für fast drei Wochen eingestellt. Es war eine der größten Umwelthavarien und löste damals, im Jahr der Tschernobyl-Katastrophe, viele Ängste aus.
Gleichzeitig trieb sie die Umweltschutzbewegung an. „So dramatisch die Ereignisse damals waren, so positiv sind die langfristigen Folgen“, sagt der Chemiker Dieter Kaltenmeier. Im Jahr der Katastrophe hatte er als damals 29-Jähriger seinen Job im Regierungspräsidium Freiburg angetreten. Zuständig ist er seither für das Abwasser der chemischen Großindustrie am Hochrhein.
Sandoz gehört in sein Zuständigkeitsgebiet. Das Unglück wirke bis heute nach — im positiven Sinne. Es habe das Bewusstsein verändert. „Der notwendige Schutz des Rheins und die Verantwortung der Industrie wurden zu einem Thema.“ Das Sandoz-Gift brachte einen umfassenden Umwelt- und Gewässerschutz entlang des Rheins in Gang.
So wurden die gefährlichen Dauereinleitungen von Chemikalien in den Rhein in den vergangenen 20 Jahren auf ein Zehntel reduziert. Anlagen zum Gewässerschutz wurden errichtet, Messsysteme gebaut und Alarmpläne geschaffen. Millionen Euro und Schweizer Franken wurden in den Gewässerschutz investiert. Heute ist der Rhein sauberer als vor 100 Jahren. Sogar Lachse, die es zuletzt 1950 im Rhein gab, tummeln sich wieder in dem Fluss.