800 Jahre Krönungskathedrale von Reims
Reims (dpa) - Die Liste der französischen Herrscher, die in der Kathedrale von Reims gekrönt wurden, ist lang. Bis auf wenige Ausnahmen wurden fast alle Monarchen in der Notre-Dame de Reims gesalbt, darunter auch Karl VII., der 1429 von Jeanne d'Arc vor die Altarstufen geführt wurde und Ludwig XIV..
Keine Kirche in Frankreich hat über Jahrhunderte hinweg eine so wichtige Rolle gespielt in der Geschichte Frankreichs wie die Kathedrale von Reims, deren Grundstein vor 800 Jahren, am 6. Mai 1211, gelegt wurde. Ein Ereignis, das die Stadt der Champagner-Kellereien bis Ende Oktober mit zahlreichen Veranstaltungen feiert.
Die Bedeutung des gotischen Bauwerks, das zwischen 1211 und 1516 erbaut wurde, geht weit über die Landesgrenzen hinaus. „Die Kathedrale hat stark symbolischen Charakter, auch für Europa“, sagte die Bürgermeisterin der Stadt, Adeline Hazan, und spielt auf die jüngste Geschichte an. Am 8. Juli 1962 wurde in der Krönungskirche die deutsch-französische Aussöhnung zelebriert. An das Versöhnungstreffen zwischen Bundeskanzler Konrad Adenauer und Präsident Charles de Gaulle erinnert eine riesige Gedenktafel vor der Westfassade der Kathedrale.
Reims wurde im Ersten Weltkrieg von deutschen Artilleriegeschossen und Luftangriffen zu ungefähr 60 Prozent verwüstet, dabei wurde auch die Kathedrale schwer beschädigt: Viele der rund 2300 Skulpturen wurden vernichtet und der hölzerne Dachstuhl aus dem 15. Jahrhundert komplett zerstört. Präsident Raymond Poincaré erklärte Reims zur „Märtyrerstadt“, in der am 7. Mai 1945 auch die Kapitulation der deutschen Wehrmacht unterzeichnet wurde.
Um die Bedeutung der Kathedrale als Ikone der Aussöhnung zu unterstreichen, hat die Stadt zum 800. Geburtstag zwei deutsche Künstler eingeladen: den Filmemacher Horst Brandenburg, dessen Dokumentarfilm „Notre-Dame de Reims, die Kathedrale, die dem Leben zulacht“ am 13. Mai in der Kathedrale gezeigt wird und den Künstler der Abstraktion, Imi Knoebel. Dem Plastiker wurde der Entwurf von Glasfenstern anvertraut, die am 25. Juni enthüllt werden - gleich neben den Glasfenstern des russisch-französischen Malers Marc Chagall.
Die als dreischiffige Basilika gestaltete Kathedrale steht seit 1991 auf der Unesco-Weltkulturerbeliste. Sie kann sich weder die älteste noch die größte Kirche Frankreichs nennen. Mit ihren mehr als 2000 Skulpturen ist sie jedoch ein Gesamtkunstwerk und eine der schönsten Schöpfungen der Gotik. Durch die Betonung der senkrechten Linien hat man den Eindruck, dass alles nach oben strebt. Statt des Skulpturenreliefs in der Westfront wurden erstmals Maßwerkrosen eingesetzt, um mehr Licht in den Raum zu holen.
Das Gotteshaus, an der Stelle errichtet, an der die frühgotische Vorgängerkirche im Jahr 1210 durch einen Brand zerstört wurde, ist Krönungskathedrale, Ikone der Aussöhnung und für einige die Wiege Frankreichs. Denn der Heilige Remigius hat gegen Ende des 5. Jahrhunderts dort den Merowingerkönig Chlodwig getauft, der in weiten Kreisen als Begründer der französischen Nation betrachtet wird.