Acht Monate Haft für Schauspieler Martin Semmelrogge
Nürnberg (dpa) - „So what, es ist gelaufen!“ Johannes Martin Semmelrogge nimmt das Urteil scheinbar gelassen hin. Zu acht Monaten Haft ohne Bewährung verurteilte das Amtsgericht Nürnberg am Mittwoch den 56-Jährigen Schauspieler.
Doch dann bricht sich der Unmut über das deutsche Rechtssystem Bahn.
„Wenn die mit Beate Zschäpe von der NSU genauso umgehen, wäre das in Ordnung“, sagte er nach der Urteilsverkündung durch Richterin Dörthe Erbert. Semmelrogge war am 17. April ohne gültigen Führerschein auf der Autobahn A 9 bei Allersberg in einer Kontrolle geraten. Seine spanische Fahrerlaubnis wird von deutschen Verkehrsbehörden nicht anerkannt. Eigentlich eine Lapalie, nicht so bei Semmelrogge, der seit Jahren immer wieder wegen Verkehrsdelikten vor Gericht erscheinen musste.
Mit demonstrativer Gelassenheit hatte Semmelrogge in zerrissener Jeans, Jacket und einer Baseball-Cap am Morgen das Gerichtsgebäude betreten. „Ich freue mich, dass ich im Fernsehen bin“, rief er den wartenden Journalisten zu. An der Sicherheitsschleuse musste der durch seine Rolle im Kultfilm „Das Boot“ (1981) bekannt gewordene Mime seine Taschen leeren und auch den Gürtel ablegen. „Geil!“, witzelte er vor sich hin. Auf dem Weg zum Gerichtssaal dann verglich er seinen Auftritt mit dem auf einer Theaterbühne. „Schön, dass ihr alle hier seid“, fügte Semmelrogge im Blitzlichtgewitter der Kameras hinzu.
Nach der Verlesung der relativ kurzen Anklage räumte Semmelrogge dann auch umgehend sein Vergehen ein. „Ja, es ist alles richtig, ich bin gefahren.“ Er habe von Düsseldorf aus nach Salzburg zu seiner Freundin fahren wollen und sei dann kontrolliert worden. Er habe aber gedacht, der Führerschein nach Ablauf einer Sperre mittlerweile auch wieder in Deutschland gültig sei, fügte er hinzu und verwies auf widersprüchliche Gerichtsentscheidungen innerhalb der Europäischen Union (EU). Außerdem habe er schon seit zehn Jahren ständig und immer wieder Probleme mit seiner Fahrerlaubnis. „Es ist ja schon Volkssport geworden, mich anzuzeigen“, betonte er.
Der Argumentation Semmelrogges und seines Anwaltes Werner Sänftel folgte die Richterin Ebert nicht. Oberstaatsanwalt Wolfgang Träg führte vielmehr aus, dass der Angeklagte bereits im Oktober dieses Jahres in einem anderen Fall ebenfalls wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu vier Monaten Haft verurteilt worden sei. Das Amtsgericht Neuwied hatte damals die Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Sie wurde nun in dem neuen Urteil mit berücksichtigt. Richterin Ebert folgte in ihrem Urteil weitgehend der Staatsanwaltschaft, die eine Bewährung „wegen ungünstiger Sozialprognose“ diesmal ausgeschlossen hatte.
Semmelrogge war in seinem Leben immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Insgesamt 29 Einträge umfasse das Vorstrafenregister, sagte Richterin Ebert, zumeist wegen Delikten im Straßenverkehr. Auch beruflich entwickelt es sich für den 56-Jährigen alles andere als gut. Ein Engagement in den USA habe er jetzt absagen müssen, räumte Semmelrogge ein. Er habe hohe Schulden und lebe derzeit von 1000 Euro Brutto. Jetzt wolle er die Zeit im Gefängnis auch nutzen. „Ich habe sechs Jahre lang durchgearbeitet, ich muss mal eine Auszeit nehmen und zur Ruhe kommen“, sagte er und fügte hinzu: „Im Fernsehen finde ich ja ohnehin nicht mehr statt.“