Ärger mit Stones-Toiletten in Lüchow
Lüchow (dpa) - Das wilde Leben der britischen Kultband ist seine Obsession. Alles für die Rolling Stones: Drei Jahrzehnte hat Ulrich Schröder als Banker durchgehalten, dann hat er seine Leidenschaft zum Beruf gemacht und wurde Galerist des malenden Stones-Gitarristen Ron Wood.
Und nun sein Lebenstraum, ein eigenes Museum. „Das ist das einzige Stones-Museum der Welt“, sagt Schröder stolz, während er von Ausstellungsstück zu Ausstellungsstück eilt. Wenn der 62-Jährige mit den Federn am Zylinder durch die von Fachwerkhäusern gesäumten Gassen Lüchows geht, dann grüßen ihn alle. Dutzende Sticker an Frack und Hose zeigen den berühmten roten Mund mit der ebenso roten Zunge - Logo der Stones, weltweit Erkennungszeichen für ihre Fans. Und wieder einmal hat Schröder in dem sonst so ruhigen Örtchen für Wirbel gesorgt: Die Toiletten in seinem Stones-Museum sind angeblich frauenfeindlich.
Was mit dem Bericht in einer lokalen Zeitung begann, droht zur Medienlawine zu werden. Von „unverhohlener Diskriminierung“ und „frauenverachtender Entgleisung“ ist in Leserbriefen die Rede.
Weil die Stadt 100 000 Euro für die Verwirklichung von Schröders Traum zugeschossen hat, wird auch von Steuerverschwendung gesprochen. Jetzt stehen die Fernsehteams bei Schröder Schlange. Ausgelöst haben den Wirbel zwei Pissoirs in der Herrentoilette des Museums.
Die „Kisses“-Urinale der niederländischen Künstlerin Meike van Schijndel sind eng an das Logo der Rocker angelehnt - geformt wie weit aufgerissene Münder, die Öffnungen eingerahmt von knallroten Lippen. Nur die Zunge fehlt. Vor Jahren gab es wegen der Becken schon wütende Proteste von Feministinnen in New York und Wien, jetzt ist die Sache in Lüchow angekommen.
„Es ist ein Aufschrei durch die Bevölkerung gegangen - allein bei mir hat sich etwa ein Dutzend Frauen beschwert“, sagt die Gleichstellungsbeauftragte Marianne Jönsson-Olm von der Samtgemeinde Lüchow. Die Urinale halte sie für nicht zumutbar, betont sie. „Ich habe den Vorschlag gemacht, sie als Ausstellungsstücke ins Museum zu nehmen.“ Doch von den beiden Becken abgesehen, ist auch sie vom Museum begeistert: „Das ist richtig toll, was Ulli Schröder auf die Beine gestellt hat“, meint die 39-Jährige.
„Das ist Kunst“, verteidigt Schröder seine Becken tapfer. Und frauenfeindlich seien sie auch nicht: „Beim Originalmund der Stones mit der berühmten Zunge ist auch gar nicht klar, ob das ein Männermund oder ein Frauenmund sein soll“, erklärt der Ex-Banker mit den langen Haaren. Die Sache ist für ihn keineswegs Pipifax: „Die Dinger waren sauteuer“, sagt er. Schröder ist nicht unglücklich über die Oral-Affäre, die Geschichte bringt ungeahnte Publicity.
Stadtdirektor Hubert Schwedland sieht es locker: „Wenn mir das nicht gefällt, muss ich einen Bogen um die Toiletten machen. Es ist ein Kunstobjekt - das ist für mich ganz klar.“ Nach zwei Teileröffnungen soll Ostern das „Rolling Stones Fan Museum“ mit viel Wirbel endgültig und feierlich eröffnet werden, plant Schröder. So soll dann ein Wandgemälde von 30 Metern Länge eine Hausmauer in Lüchow schmücken - think big.
Und während in New York die Urinale nach Protesten von Frauenrechtlerinnen entfernt wurden, sollen sie in dem Stillen Örtchen im ruhigen Lüchow noch immer zu finden sein: „Das bleibt alles so, wie es ist“, erklärt Schröder: „Da wird nix abgebaut, die bleiben dran!“