#koelnhbf Algerischer Flüchtlingshelfer: Keine falsche Rücksichtnahme
Moers. Am Samstag steigt Amar Azzoug in Düsseldorf in den Flieger Richtung Heimat. In ein Algerien, das er 1977 als abenteuerlustiger Student verließ, um sein Glück in Deutschland zu suchen.
Er fand es. In Ehefrau Ingrid, in seinem Beruf als Manager des Moerser Problem-Stadtteils Mattheck, in seiner Berufung als Flüchtlingshelfer. Sein Verein „Der Bunte Tisch“ ist offiziell mit der Koordination der Flüchtlingshilfe in der Grafenstadt beauftragt. Azzoug, der Algerier, sagt: „Was Polizei und Politik in Sachen Köln veranstalten, ist falsche Rücksichtnahme auf Verbrecher.“
Dass in der öffentlichen Wahrnehmung jetzt die Nordafrikaner, insbesondere auch Algerier, am Pranger stehen, ist dabei nicht sein Problem. „Hier geht es doch gar nicht um Nationalitäten, sondern um kriminelles und abscheuliches Verhalten. Wer sowas tut, gehört eingesperrt. Das macht mich sehr betroffen.“ Was den 57-Jährigen aufregt, ist „dieses andauernde Rumgeeier“ der Offiziellen. Hier seien klare Ansagen notwendig. „Dass die Polizei sich offensichtlich nicht getraut hat, schadet dem Image von Nordafrikanern. Und hilft gefährlichen Bewegungen wie Pegida. Das ist positive Diskriminierung.“
Azzoug warnt außerdem vor voreiliger Zuordnung zu Nationalitäten. „Jemand, der sich als Algerier bezeichnet, ist noch lange kein Algerier. Dasselbe gilt für Syrer oder Marokkaner. Wer keinen Ausweis hat, kann bei den Meldebehörden nicht einwandfrei identifiziert und somit nicht abgeschoben werden. Das wissen diese Männer ganz genau.“
Azzoug fürchtet, dass solche Ereignisse am Ende als Legitimation zur Verschärfung des Asylrechts dienen. „Das wäre eine Katastrophe, das träfe die Falschen. Was in Köln passiert ist, hat mit normalen Flüchtlingen nichts zu tun, das ist organisierte Kriminalität. In Deutschland organisierte Kriminalität, von wem auch immer.“ Sein Verein habe allein 2015 etwa 500 Flüchtlinge intensiv betreut, „davon 80 Prozent junge Männer. Klar bauen die auch mal Scheiße, aber das sind ganz wenige. Und wir reden dann von Diebstahl oder Busfahren ohne Ticket.“
Als „größten Schwachsinn“ allerdings bezeichnet Azzoug das propagierte Frauenbild, nach dem Nordafrikaner lebten. „Algerien ist doch nicht Saudi-Arabien, wo Frauen nicht mal Auto fahren dürfen. In Algerien gibt es Frauenbewegungen, da sind Frauen Politikerinnen und Richterinnen.“
Dorthin zieht es die Azzougs am Samstag. Allerdings nur für drei Wochen, denn in Moers gibt es noch eine Menge zu tun.