Als Au-Pair-Oma in die Fremde
Die eigenen Kinder sind aus dem Haus, das Fernweh ist groß: Eine neue Agentur vermittelt die Generation 50plus ins Ausland.
Prien. Monate in einer Gastfamilie im Ausland verbringen, deren Kinder betreuen und das Leben in der Fremde kennenlernen — dieses Angebot klingt nicht nur für Schulabgängerinnen reizvoll. Das dachte sich Kristin Emmerinck aus Prien am Chiemsee und entwarf ein Au-pair-Angebot für die Generation 50plus.
Ihr Konzept „Madame Grand-Mère“ soll im Ausland lebende deutsche Familien und reiselustige Wunsch-Großeltern zusammenzubringen. „Reife Erwachsene, die eigene Kinder großgezogen oder ein Berufsleben abgeschlossen haben, können ihre kulturellen Interessen mit Unterstützung der jungen Familien vertiefen“, sagt Emmerinck. Im Herbst soll die erste Au-pair-Oma in der Fremde arbeiten.
Die Gründerin von „Madame Grand-Mère“ hat mit ihrer Familie 30 Jahre im Ausland gelebt und war selbst als „Au-pair-Oma“ bei einer Pariser Familie. „Diese Monate in Frankreich waren mein tollstes Abenteuer“, sagt Emmerinck.
Ob ihre Großeltern-Vermittlung ein Renner wird, muss sich erst zeigen. Unter den ersten Bewerbern als Au-pair-Großeltern sind Bettina Stibal (54) aus Freiburg und Jürgen Waldenburger (64) aus Berlin. Stibal entschied sich, ein Sabbatjahr zu nehmen. Nach ihrer Scheidung will sie Abstand zum Privaten gewinnen und auch ihre Arbeit als Lehrerin ein wenig hinter sich lassen. Im Internet fand sie „Madame Grand-Mère“. „Mich fasziniert, Familienleben noch mal von innen kennenzulernen“, sagt die Mutter dreier erwachsener Kinder.
Jürgen Waldenburger ist bisher der Hahn im Korb. Noch tätig in einem Ministerium, geht er im April in Pension. Der Vater zweier erwachsener Kinder würde dann „noch ein Stück von der Welt sehen“, sagt er.
Stibals Söhne reagierten skeptisch auf die Pläne der Mutter, die Tochter war begeistert. Im Freundeskreis erlebte sie verschiedene Reaktionen, aber kein Unverständnis. „Ich glaube, der Impuls, zu gehen und Neues anzufangen, ist tief im Menschen drin. Aber viele, und dazu habe ich jahrzehntelang auch gehört, trauen sich nicht, diesen Schritt zu tun.“
Der Familienanschluss soll den Ersatz-Großeltern Mut machen, Pläne zu verwirklichen. Waldenburger hält es für selbstverständlich, dass er die Regeln der Gastgeber annimmt. Stibal sieht das Eingliedern durchaus als Herausforderung — ohne Gewähr, dass es klappt. Dabei sieht sie es als Vorteil, keine 19 mehr zu sein. Erfahrung ist Trumpf. „Und die gewisse Toleranz, die man sich im Alter angeeignet hat.“