Anna Bader: Von der Turnhalle auf die Klippe

Anna Bader springt aus großen Höhen. Gepackt hat sie die Leidenschaft in Jamaika.

Barcelona. Eigentlich ist Anna Bader an schwindelerregende Höhen gewöhnt. Respekt hat die Klippenspringerin trotzdem vor jedem Sprung. „Gerade, wenn man eine längere Trainingspause hatte, denkt man vor dem ersten Sprung: Warum macht man das? Aber dann geht es eigentlich“, erzählt die 29-Jährige.

Dass es bei ihr meist richtig gut geht, hat sie auch am Dienstag bei der Schwimm-WM in Barcelona bewiesen Dort stürzen sich die Sportler aus 20 Metern in die Tiefe.

Zum ersten Mal überhaupt durften die Klippenspringer an den Wettkämpfen teilnehmen, Bader holte die Bronze-Medaille — obwohl sie ihren letzten Sprung verpatzte. „Ich bin ein bisschen enttäuscht, weil ich natürlich lieber Gold gewonnen hätte. Aber gleichzeitig bin ich doch glücklich“, sagte die siebenmalige Europameisterin.

Je mehr ihre Sportart ins Rampenlicht rückt, desto bekannter wird auch die Mainzerin, die sich kurz vor der Weltmeisterschaft für den „Playboy“ auszog. Schon mit 17 begann Bader auf Jamaika mit dem Klippenspringen. „Nach einem Stunt von der Touristenplattform luden mich die Einheimischen ein, mit ihnen auf der gegenüberliegenden Seite des Felsens zu springen“, berichtet sie auf ihrer Website. „Gemeinsam übten wir bis die Sonne unterging, stets bemüht, die anderen durch die spektakulärsten Salti und Schraubendrehungen zu beeindrucken.“

Salti und Schraubendrehungen beherrscht Bader schon lange, als Kind machte sie Kunst- und Geräteturnen, mit 13 wechselte sie in die Schwimmhalle. „Kunstspringen, Turmspringen. Immer höher und doch nicht hoch genug“, erinnert sie sich. „Schon damals verliebte ich mich in die kahlen Felswände, die atemberaubende Höhe, den Wind und das eisige Wasser — in einen Moment ungewöhnlicher Lebendigkeit.“

Wenn sie nicht gerade im Ausland unterwegs oder auf dem Weg zur nächsten hohen Klippe ist, studiert Bader Englisch, Spanisch und Geografie an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz. Gerade die Sprachen würden ihr helfen, einen Blick über den eigenen Horizont zu werfen und in eine andere Welt einzutauchen — fernab von jedem Meer, in das sie springen könnte. Ganz ohne Sport geht es aber auch am Main nicht. Bader ist in der Hochschulmannschaft fürs Geräteturnen aktiv.

In den vergangenen Jahren war sie dort aber eher selten. Im chinesischen Macau arbeitete Bader insgesamt drei Jahre beim ehemaligen Cirque-du-Soleil-Regisseur Franco Dragone in einer mit Millionenaufwand gestalteten Aquatic-Show. Wegen der Weltmeisterschaft in Barcelona hat sie gekündigt.

Bader liebt die Gunst der Zuschauer — und diese genoss sie in Spanien besonders: „Das Publikum ist ganz wichtig für mich. Ich versuche deswegen, so schön und ästhetisch wie möglich zu springen, damit man das genießen kann.“

Jetzt hofft Bader auf den nächsten Schritt: dass Klippenspringen olympisch wird. „Das wäre der Hammer. Ich glaube aber, dass das nicht von heute auf morgen passieren wird, sondern über einen längeren Zeitraum“, sagt Bader. „Eine Olympiateilnahme, wow, das wäre natürlich die Krönung.“ Aber bis dahin hat sie wahrscheinlich noch viel Zeit — um zu studieren und sich von vielen weiteren Klippen zu stürzen.