Annas Stiefmutter will sich schweigend verteidigen

Im Juli 2010 war die neunjährige Anna mal wieder beim Baden zur Strafe unter Wasser getaucht worden. Doch diesmal dauerte es zu lange - Anna starb. Am Montag begann der Prozess gegen die Pflegeeltern.

Bonn (dpa). In Handschellen und einzeln werden Annas Pflegemutter (52) und Pflegevater (51) in den Verhandlungssaal des Bonner Landgerichts geführt. Am Tisch sitzen die beiden Verteidiger zwischen ihnen. Ein kurzer Blick der Angeklagten auf ihren Ehemann, als dieser hereinkommt. Dann wird es still im Saal, als Oberstaatsanwalt Robin Faßbender die Anklage verliest mit all den schrecklichen Einzelheiten der Qualen, die Anna erleiden musste.

Im vergangenen Juli starb das neunjährige Mädchen in der Badewanne, als es so lange untergetaucht wurde, bis es leblos dalag. Spätestens seit August, ein Jahr nachdem Anna nach Bad Honnef in die Familie gekommen war, wurde sie nach Darstellung der Anklage von den Pflegeeltern auf das Übelste misshandelt.

Der Staatsanwalt wirft ihnen vor, Anna in mindestens 55 Fällen gequält und misshandelt zu haben. Als sie starb, war ihr Körper von Hämatomen übersät. Die Klage lautet auf Körperverletzung mit Todesfolge. Den Pflegeeltern drohen bei einer Verurteilung zwischen 3 und 15 Jahren Gefängnis.

Das Publikum im Gerichtssaal äußert Unmut, als der Verteidiger der Pflegemutter bekanntgibt, seine Mandantin wolle sich schweigend verteidigen. Der Pflegevater ist nach Angaben seines Anwalts zwar aussagewillig. Bedingung dafür aber sei der Ausschluss der Ehefrau für die Zeit seiner Aussage. Der Anwalt sieht die Gefahr, dass sein Mandant andernfalls nicht die Wahrheit sage.

Die Ehefrau sei eine dominierende Persönlichkeit, der Mann unterwürfig und devot. Er begreife sich als Butler mit Ehering und als Pantoffelheld. Sie sei die Herrin im Haus. Der Anwalt zieht seinen Antrag auf Ausschluss der Angeklagten schließlich nach kurzer Beratung mit seinem Mandanten zurück. Der Auftakt des Prozesses verzögerte sich um mehrere Stunden.

Der Anwalt der Pflegemutter hatte einen Ablehnungsantrag gegen den Vorsitzenden gestellt, der jedoch verworfen wurde. Zu dem bis Ende Februar angesetzten Prozess sind mehr als 30 Zeugen geladen: darunter Gutachter, Lehrer, Ärzte und Nachbarn. Aussagen sollen auch Mitarbeiter des Jugendamtes. Gegen das für Anna zuständige Jugendamt Königswinter und das Amt in Bad Honnef laufen noch Ermittlungen.

Ob es zur Anklage kommen wird, ist noch nicht klar. Eingestellt wurden die Ermittlungen gegen zwei Mediziner, die für Anna Atteste geschrieben haben sollen, ohne das Kind je untersucht zu haben. Am Donnerstag wird der Prozess mit der Aussage des Pflegevaters fortgesetzt.