Essen Anschlag auf Sikh-Tempel: Prozess hat begonnen

Hinter verschlossenen Türen hat der Prozess um den Anschlag auf ein Sikh-Gebetshaus in Essen begonnen. Zwei 17-Jährige und ein 16-Jähriger sollen den Tod von "Ungläubigen" geplant haben.

Bei dem Bombenanschlag zerbrochene Fensterscheiben liegen vor dem Gemeindezentrum der Sikh-Gemeinde in Essen in einer Schubkarre.

Foto: Marius Becker

Essen. Knapp acht Monate nach dem islamistischen Sprengstoffanschlag auf ein Gebetshaus der Essener Sikh-Gemeinde hat am Mittwoch der Prozess gegen drei Jugendliche als mutmaßliche Attentäter begonnen. Die Jugendkammer des Essener Landgerichts eröffnete die Hauptverhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit, wie ein Gerichtssprecher auf Nachfrage mitteilte. Die Anklage wirft den zum Tatzeitpunkt 16 Jahre alten Beschuldigten unter anderem versuchten Mord vor.

Der Prozess findet wegen des jugendlichen Alters der Angeklagten aus Gelsenkirchen, Essen und Schermbeck hinter verschlossenen Türen statt. Die heute 16 und 17 Jahre alten Beschuldigten sollen sich 2015 über soziale Netzwerke kennengelernt und radikalisiert haben. Nach Erkenntnissen der Ermittler gehörte das Trio gemeinsam mit anderen Jugendlichen einer WhatsApp-Gruppe an, die im Chat den Tod von "Ungläubigen" plante.

Dieses Vorhaben soll letztlich zum Anschlag auf das Sikh-Gebetshaus geführt haben. Laut Anklage wählten die Jugendlichen die Essener Gemeinde der Religionsgemeinschaft als Anschlagsziel aus, weil sie mit der Behandlung von Muslimen durch die Sikhs im nördlichen Indien nicht einverstanden sind und sie die Sikhs demnach als "Ungläubige" ansehen.

Die Angeklagten aus Gelsenkirchen und Essen sollen am 16. April einen mit Sprengstoff gefüllten Feuerlöscher vor dem Gebetshaus gezündet haben. Der dritte Angeklagte aus Schermbeck war laut Staatsanwaltschaft an der Planung und Vorbereitung des Anschlags beteiligt.

Bei dem Attentat erlitt ein Priester der Sikh-Religionsgemeinschaft Brandverletzungen und einen offenen Knochenbruch am Fuß, zwei weitere Männer kamen mit Schnittverletzungen davon. Durch die Wucht der Explosion wurde die Eingangstür des Gebetshauses zerstört, Fensterrahmen wurden herausgerissen. Die Chemikalien zur Herstellung des Sprengstoffs soll der aus Essen stammende Angeklagte bei einem Internetversand bestellt haben.

Die Staatsanwalt wertet den Anschlag als versuchten Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Herbeiführen einer Explosion und Sachbeschädigung. Beim Vorwurf des Mordversuchs stützt sich die Anklage darauf, dass die Tat heimtückisch, aus niedrigen Beweggründen und mit gemeingefährlichen Mitteln begangen worden sei.

Die Angeklagten aus Essen und Schermbeck müssen sich zudem wegen einer "Probesprengung" am 2. Januar in einem Skaterpark in Gelsenkirchen verantworten. Allen drei Beschuldigten legt die Staatsanwaltschaft eine weitere "Probesprengung" ebenfalls in dem Skaterpark am 8. Januar zur Last.

Der Angeklagte aus Gelsenkirchen soll außerdem bereits am 18. November vergangenen Jahres auf dem Schulhof mit dem Besitz von Waffen geprahlt und seinen Mitschülern gesagt haben, sie würden bald sterben. Für das Verfahren beraumte die Essener Strafkammer zunächst weitere 21 Verhandlungstage bis zum 22. Februar an. (AFP)