Landwirtschaft Bauern ernten goldenes Getreide
Auf Gerstenfeldern der Region sind erste Mähdrescher unterwegs. Aussicht auf Erträge in diesem Jahr eher durchwachsen.
Velbert. Das Korn hat sich golden gefärbt und die Ähren wiegen sich im warmen Sommerwind. Spaziergänger genießen zurzeit den Blick über weite Getreidefelder in ganz NRW. Was aber wächst in der hiesigen Erde und wird dann bald geerntet?
Claudia Greshake, die mit ihrem Mann den pädagogischen Bauernhof Gut Hixholz in Velbert betreibt, hat die Antworten. Die Ähre, die Claudia Greshake in der Hand hält, sieht ein wenig aus wie ein dünner Pinsel, denn jedes Korn endet in einem langen Haar. Sie ist bereits goldgelb, also fast zur Ernte bereit. „Gerste“, bestimmt die Landwirtin das gepflückte Getreide.
Direkt daneben wächst Weizen. Er ist noch grün, die Ähre hat im Gegensatz zum Weizen keine Grannen. Das Weizenfeld wird erst im August abgeerntet. „Als letztes wird der Mais reif“, erklärt die Expertin. Die Pflanzen, die bis zu drei Meter hoch wachsen, sind gerade erst hüfthoch.
Auf den Gerstenfeldern in NRW sind jetzt die ersten Mähdrescher unterwegs. Sie trennen die Spreu vom Korn, und die Bauern fahren das reife Getreide ein. „Die Aussichten auf die Erträge sind aber eher durchwachsen“, sagt Bernhard Rüb, Sprecher der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Im Mai habe es an Regen gefehlt, das sei nicht gut für die Entwicklung üppiger Getreideähren gewesen, weiß Rüb.
Deutschlandweit musste die Ernte wegen Regens seit dem vergangenen Sonntag in vielen Regionen unterbrochen werden. Wie der Deutsche Bauernverband (DBV) am Mittwoch in seinem ersten Erntebericht mitteilte, wurden bei der Wintergerste die sehr guten Erträge des Vorjahres voraussichtlich um fast eine Tonne pro Hektar unterschritten. Derzeit schätzt der DBV hier die Gesamterntemenge auf 8,6 Millionen Tonnen. 2014 waren es 9,5 Millionen Tonnen gewesen.
Nun hoffen die Bauern auf beständigere Witterung, damit sie auch Winterweizen und Raps bald einfahren könnten. Winterweizen wird den Angaben zufolge auf 3,25 Millionen Hektar angebaut und ist damit die bedeutendste Getreideart in Deutschland.
Danach werden Sommerweizen, Sommergerste, Triticale — ein Futtermittel, gekreuzt aus Roggen und Weizen — sowie Hafer und Raps in die Silos geholt. Etwa vier bis sechs Wochen dauert der Prozess. Begonnen wird im Westen in den Tieflagen von NRW, etwa Aachen und Köln. Je höher und je östlicher, umso kälter ist es und umso später wird geerntet. „Bis dann auch im Sauerland der letzte Halm weg ist“, sagt Rüb.
Knapp die Hälfte der Fläche von NRW wird von der Landwirtschaft genutzt. Beim Getreide rangiert nach den Zahlen des Landesamts für Statistik bezogen auf die Anbaufläche Weizen an der Spitze, danach folgen Gerste, Roggen und Hafer. Heiße Luft und Trockenheit helfen den Bauern: „Hitze ist ideal“, sagt Rüb über die Erntebedingungen. Denn bei trockenem Wetter kommen die schweren landwirtschaftlichen Maschinen durch das Gelände ohne den Boden aufzuwühlen.
Problematisch werde es erst, wenn das Wetter ins Feuchtwarme umschlage. Regenschauer wie in den letzten Tagen erschweren die Ernte, wenn der Boden das Wasser aufsaugt und das Getreide gar nicht mehr trocknen kann. Vor allem schwere Sommerunwetter werden von den Landwirten gefürchtet. Fegt ein Gewittersturm in das reife Getreide, kommt es mitunter zu erheblichen Schäden durch das großflächige Umknicken. Das so sogenannte Lagergetreide ist dann kaum noch zu retten.
Landwirtschaft — ein heikles Geschäft, dessen Gewinn meist von der Witterung abhängig ist. Aber wofür eigentlich die ganze Mühe? „Für die Kühe“, erklärt Claudia Greshake schmunzelnd. Allein um ihre 130 Stück Rindvieh sattzubekommen, bauen sie und ihr Mann auf 60 Hektar, also einer Fläche in der Größe von etwa 84 Fußballfeldern, Getreide an. „So wissen wir, dass das Futter gut — und die Milch, unser eigentliches Produkt, von bester Qualität ist.“
Noch einen Zweck haben die weiten Felder in der Velberter Idylle: „Schulklassen besuchen unseren pädagogischen Bauernhof, um zu lernen, dass Kühe nicht lila sind und keine Schokolade essen.“