Berliner Landesarchäologe: „Aufgaben explodieren“
Berlin (dpa) - Der Berliner Landesarchäologe Prof. Matthias Wemhoff erwartet wegen der vielen Bauprojekte in der Stadt noch zahlreiche archäologische Überraschungen.
„Der Bauboom führt zu einer Vielzahl neuer Fundplätze, die alle untersucht und begutachtet werden müssen“, sagte Wemhoff der Deutschen Presse-Agentur. „Wir stehen vor großen Herausforderungen, unsere Aufgaben explodieren.“
Besonders im Blick haben die Experten die historische Mitte Berlins. „Dort steckt noch sehr viel im Boden. Denn es gibt kaum eine andere Stadt, in der so viel abgerissen und zerstört wurde“, sagt Wemhoff, zugleich Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte. So gebe es in Berlin gerade noch fünf Gebäude aus dem Mittelalter und 40 aus der Zeit vor dem 19. Jahrhundert. „Das ist eigentlich nur mit Königsberg vergleichbar.“
Zugleich sind die Chancen auf aussagekräftige Funde gut. Nach dem Krieg seien viele zerstörte Flächen einfach nur einplaniert oder die alten Keller aufgefüllt worden, sagt der Landesarchäologe. „So haben wir unter dem Schloss die bisher größte archäologische Fläche gefunden, wo das pure Mittelalter noch erhalten ist.“
Ein zunehmender Trend in der Archäologie ist seinen Angaben zufolge das Bestreben, solche Orte als „archäologische Fenster“ sichtbar zu machen. „Wir erhalten die Funde in ihrem Originalzustand, auch in ihrem fragmentarischen. Das passt gerade zu einer Stadt wie Berlin, wo die historische Spurensuche eine so große Rolle spielt.“
Größtes Beispiel ist das geplante „archäologische Fenster“ im Berliner Schloss. Auf 1200 Quadratmetern sollen die beim Bau entdeckten Kellerruinen erschlossen werden. Besucher können dann etwa durch die ehemalige Wachstube des Schlosskommandanten schlendern und einen Blick in die Kellergewölbe des um 1300 errichteten Cöllner Dominikanerklosters werfen.
Insgesamt werde der Archäologie in der Hauptstadt zunehmend ein großer Stellenwert beigemessen, sagte Wemhoff. Nach Angaben der verantwortlichen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt stieg das Budget von rund 50 000 Mark 1990 auf inzwischen 250 000 Euro im laufenden Doppelhaushalt. Zudem wurde Anfang Juli eine Vereinbarung geschlossen, die die Zusammenarbeit mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz bei archäologischen Fragen auf eine breitere Grundlage stellt.