Studie Bertelsmann-Stiftung: In NRW fehlen fast 16 000 Erzieher

Immer mehr Pädagogen kümmern sich in NRW um den Nachwuchs. Doch es sind nicht genug. Die Bertelsmann-Stiftung fordert Investitionen von fast 700 Millionen Euro — allein in NRW.

Studie: Bertelsmann-Stiftung: In NRW fehlen fast 16 000 Erzieher
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Gütersloh/Wuppertal. Für die Bildungschancen der Kinder kann es entscheidend sein, wie viele Betreuer in jeder Kita eingesetzt werden — und trotzdem fehlen in NRW fast 16 000 Pädagogen. Die Bertelsmann-Stiftung aus Bielefeld hat in einem „Länderreport Frühkindliche Bildungssysteme“ die Betreuungsschlüssel für Kindergärten und Krippen in den Bundesländern miteinander verglichen. NRW steht zwar besser da als zuvor, aber es bleibt Raum nach oben.

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Die aktuellen Zahlen von 2015 weisen zwischen Aachen und Bielefeld eine Erzieher-Kind-Relation von 9,1 zu 1 bei den drei bis sechs Jahre alten Kindern aus. 2012 waren es noch 9,8 Kinder pro Erzieher. Experten empfehlen ein Verhältnis von 7,5 Kindern pro Erziehungsperson.

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NRW hat aufgeholt, ist aber noch nicht ideal aufgestellt. Im Vergleich mit anderen Bundesländern steht das Bindestrichland im Mittelfeld des Ländervergleichs. Baden-Württemberg hat einen Schlüssel von 7,3 Kindern pro Betreuer und steht damit auf Platz 1. Mecklenburg-Vorpommern ist das Schlusslicht der Tabelle mit einem Schlüssel von 14,1 — hinter einigen anderen östlichen Ländern.

Dort sind zwar mehr Kinder in den Kitas als im Westen, aber es mangelt an Personal. Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann-Stiftung, sagt: „Der Kita—Besuch allein verbessert nicht die Bildungschancen der Kinder. Es kommt auf die Qualität der Angebote an.“ Die Autoren der Studie sagen, es sei für die frühkindliche Bildung und den Spracherwerb relevant, wie viel Zeit die Erzieher für sie haben, wie oft sie etwas gemeinsam machen und miteinander sprechen.

Cornelia Weidenbruch, Stadtbetriebsleiterin für Tageseinrichtungen in Wuppertal

Das meint auch Cornelia Weidenbruch, Stadtbetriebsleiterin für Tageseinrichtungen in Wuppertal. Je jünger die Kinder seien, desto wichtiger sei es, dass die Gruppen relativ klein seien. Gerade weil die Jüngeren sehr stark auf eine Bindung zum Personal angewiesen seien. Der Betreuungsschlüssel sei es hier schon ganz gut, sagt sie. Räumt aber ein: „Ich würde mir wünschen, dass der Schlüssel hier besser wäre.“

Damit meint sie nicht Wuppertal. Denn die Rahmenbedingungen, die etwa den Mindestpersonalschlüssel vorschreiben, gelten für das ganze Bundesland. Sie sind im Kinderbildungsgesetz (Kibiz) festgeschrieben. Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) sieht darin eines der Probleme. Die Landesvorsitzende der Gewerkschaft, Dorothea Schäfer, nennt das Gesetz „strukturell unterfinanziert“. Das Land müsse kräftig investieren, fordert sie. „Aber auch der Bund ist gefordert.“

So sieht das auch die Familienministerin in NRW, Christina Kampmann (SPD). Zwar sagt sie, dass NRW neben der „Aufholjagd beim quantitativen Ausbau auch bei der qualitativen Weiterentwicklung“ vorangekommen sei. Aber: „Wir wollen noch besser werden.“ Deswegen müsse das Land die Hilfen für Land und Kommunen deutlich aufstocken.

Das betonen auch die Bertelsmann-Stiftung und die GEW. Denn laut der Stiftung fehlen allein in NRW 15 600 Erzieher — nur in Sachsen fehlen mehr, nämlich 16 900. Die Autoren der Studie gehen von einem zusätzlichen Finanzbedarf von 698 Millionen Euro aus. Ein Sprecher des Familienministeriums sagt, sollten die Zahlen der Studie so stimmen, dann könne das Land das nicht allein nicht stemmen.

Kampmann führt an, dass Bund, Länder und Kommunen sich auf einen Qualitätsentwicklungsprozess geeinigt hätten. Die GEW fordert ein Bundeskitaqualitätsgesetz. Genau daran arbeitet Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD). Sie sagte Mittwochmorgen im ARD-„Morgenmagazin“, dass sie ein solches Gesetz gern auf den Weg bringen würde. Nur die Länder müssten mitmachen. Es liefen derzeit Gespräche.