Blinde Fenster - Das Elend mit Serbiens großen Museen

Belgrad (dpa) - Vor Jahren wollte sich die serbische Hauptstadt Belgrad als Europäische Kulturhauptstadt 2020 bewerben. Doch nach kurzem Überlegen wurde der Plan schnell fallengelassen. Denn die wichtigsten Museen sind seit vielen Jahren für Besucher nicht zugänglich.

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Ob und wann sich das ändert, steht in den Sternen. Denn schon in der Vergangenheit gab es immer wieder neue Termine für Renovierungen und Neustarts. Sie verstrichen allesamt ohne Ergebnis.

Das auch international einst renommierte Museum für Moderne Kunst - malerisch am Save-Fluss gelegen - macht einen traurigen Eindruck. Das futuristische Gebäude ist seit 2007 mit roten Bauzäunen abgesperrt. Der Eingang zeigt sich in jämmerlichem Zustand, von der Fassade ragen Gräser und kaputte Leitungen in die Luft. Die Fenster sind blind, überall zeigen sich Rostspuren am Dach. Ein Glücklicher hat in roten Buchstaben „Hier habe ich sie zum ersten Mal geküsst“ auf die Eingangsstufen gepinselt.

Schon vor Jahren sollte diese Museumsmisere beherzt beendet werden. Die Regierung stellte Geld bereit, die Pforten des neuen Hauses sollten sich Anfang 2015 wieder öffnen. Optimistisch zählte eine digitale Uhr die Tage bis zur Eröffnung herunter. Heute steht das Zählwerk still, ohne dass sich etwas getan hätte. Die Gründe dafür sind von außen schwer zu durchschauen, weil jeder jeden beschuldigt. Jedenfalls stehen Korruption, Missmanagement, Personalquerelen und offensichtliches Desinteresse der Politiker ganz oben an auf der Liste.

Jetzt will die Regierung aber 820 Millionen Dinare (6,6 Millionen Euro) lockermachen, um das seit 2003 geschlossene Nationalmuseum zu sanieren. Die über 400 000 Exponate sollen wieder zugänglich werden. Weltberühmte archäologische Stücke und eine auch international beachtete Sammlung moderner Malerei mit Bildern von Picasso, Matisse, Monet, Cezanne oder Degas sind darunter. Zwar steht vor dem Eingang inzwischen ein Baukran, doch ob es diesmal klappt und ob vor allem das Geld für eine Renovierung von Grund auf reicht, bleibt offen.

In den letzten Jahren beklagten die Medien immer wieder die erbärmliche Kulturszene. „Stadt ohne Museen“ und „Kunst in Serbien unter Verschluss“, titelte das Staatsfernsehen. Das sei international ein Alleinstellungsmerkmal, zeigten sich viele Künstler fassungslos. Doch die beiden Top-Museen stehen nicht allein da. Das Belgrader Stadtmuseum hat nicht mal ein eigenes Gebäude und ist in vielen Behelfsräumen untergeschlüpft. Das Heimatmuseum im wichtigen Belgrader Vorort Zemun: Geschlossen. Das Technikmuseum: Auf viele Häuser notdürftig aufgeteilt. Das Historische Museum Serbiens hat bis heute keine eigene Ausstellung.

Eines der wenigen geöffneten Museen sorgte im letzten Monat für einen handfesten Kunstskandal. Im Ethnografischen Museum durfte die Hochzeitsgesellschaft des Direktorinnen-Sohns in den historischen Exponaten ihre Fotos aufnehmen. Die Gewerkschaft des Hauses nahm den Anlass gleich auf, um die Führung des Hauses schwerer Korruption zu beschuldigen. Staatsgelder seien dadurch in private Taschen geflossen. „Die Kultur ist der Spiegel einer jeden Gesellschaft“, zitiert der TV-Sender N1 Kultusminister Ivan Tasovac.