„Body Talks“ - Ausstellung zu 100 Jahre BH

Frankfurt/Main (dpa) - Kein Wäschestück hat so viele Skandale ausgelöst wie der BH. Das zeigt die Ausstellung „Body Talks. 100 Jahre BH“ im Museum für Kommunikation in Frankfurt. Hunderte BHs vom Korsett bis zum Wonderbra erzählen eine turbulente Kulturgeschichte.

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Nur gucken, nicht anfassen - damit muss sich der Besucher der Ausstellung „Body Talks - 100 Jahre BH“zufriedengeben. Mehr als hundert Korsagen, Bikinis und Wonderbras aus hundert Jahren BH-Geschichte hat das Museum für Kommunikation gesammelt und hinter Glas auf hölzernen Regalen drapiert.

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„Es gibt keinen hässlichen Busen, es gibt nur falsche Büstenhalter.“ So lautet das Zitat einer Dessous-Designerin an der Wand der Ausstellungsraums. Die Schau zeigt keine Textilgeschichte, sondern eine Kulturgeschichte, erklärt Kuratorin Julia Bastian: „Der BH verrät viel über Rollenbilder, Schönheitsideale, Tabus und sittliche Vorstellungen.“ In zehn Stationen macht „100 Jahre BH“ die Geschichte des intimen Wäschestücks lebendig.

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Ein starres, graues Korsett zeugt von einer Zeit, in der sich Frauen Oberweite und Taille bis zur Ohnmacht abschnürten. „Zwei Männerhände sollten eine Taille umfassen könnenBody Talks, sagt Christoph Potting, der die Ausstellung entworfen hat. Das Ideal des 19. Jahrhunderts seien 40 bis 50 Zentimeter Taille gewesen.

Befreit wurde die weibliche Brust von Mary Phelps Jacob. Das nachdenkliche Porträt der erfinderischen New Yorkerin ist im Museum zu sehen. Eigentlich hatte Jacob im Jahr 1910 nur Probleme mit ihrem Abendkleid. Man konnte die Fischbeinstäbe ihres Korsetts durch den Stoff erkennen. Prompt griff die Neunzehnjährige zu Seidentüchern und rosafarbenen Bändern und schnürte sich einen geschmeidigen Ersatz für das verhasste Korsett. Vier Jahre später meldete Jacob das Patent an.

Seitdem schiebt und drückt der BH je nach Zeitgeist und Mode die Brust in alle Richtungen. Die emanzipierte Frau der 1920er wollte flach und knabenhaft aussehen. Nach dem Krieg waren runde und üppige Formen angesagt. In den Siebzigern verbrannten Feministinnen den BH als Symbol männlicher Unterdrückung. Zwanzig Jahre später wurde der Wonderbra zum Verkaufshit und versprach Volumen auch für kleine Oberweiten.

Eine Schwarzweiß-Fotografie der Ausstellung zeigt das erste Bikini-Model der Welt, Micheline Bernardini, die stolz eine Streichholzschachtel in die Kamera hält. So hauchdünn war der erste Bikini, er sollte zusammengefaltet in die winzige Schachtel passen. Das war ein Skandal im Paris von 1946 - umso mehr, weil Bernardini kein gewöhnliches Model, sondern eine Revue-Tänzerin war.

„Die Geschichte der Popkultur lässt sich nicht ohne den BH erzählen“, sagt Potting. Nur der BH habe die Brust medienwirksam inszeniert. Als Beispiel zeigt die Ausstellung ein Jugendmagazin mit üppigem Busenwunder auf der Titelseite. Oder eine Vinyl-Platte, auf deren Cover sich Madonna leicht bekleidet räkelt. Auch eine Vakuum-Brustpumpe gibt es zu sehen, ein Höhepunkt des Busenwahns, mit rotem Blasebalg und Saugschalen aus Plastik.

Eines der neuesten Stücke der Ausstellung ist ein BH aus dem Jahr 2014. Das hautfarbene Wäschestück hat aufgedruckte Brustwarzen - und sieht auf den ersten Blick aus wie eine echte Brust. Mit diesem „Tata-Top“ will Designerin Michelle Lytle gegen das Oben-ohne-Verbot in der Öffentlichkeit protestieren. Es scheint, als wäre die skandalträchtige Geschichte des BHs noch lange nicht zu Ende.