Bombenleger ist verschuldet
Der Ex-Soldat gibt zermürbt auf. Er ist wegen Sprengstoffbesitz vorbestraft.
Viernheim. Es liegt keineswegs nur an der Hitze. Unübersehbar steigt auch an kühleren Tagen die Aggression in der Gesellschaft. Im Straßenverkehr wird das Verhalten rauer, im Umgang miteinander wird der Ton gemeiner und derber. Und es scheinen sich auch die lebensgefährlichen Ausraster zu häufen: Menschen greifen zu einer Pistole wie in Schwalmtal oder zu einer Bombe wie in Viernheim.
Bisher hat man von solchen Verbrechen hauptsächlich aus den USA mit ihren freizügigen Waffengesetzen gehört. Doch mittlerweile kanalisieren auch Menschen hierzulande Frust und Aggressionen nicht mehr und werden gewalttätig statt Streitpunkte anderweitig zu beseitigen. Auch wenn die Täter schon vorher auffällig geworden sind, so zeigen sich Opfer und Behörden von einem neuerlichen Gewaltausbruch in der Regel überrascht.
So war es auch in Viernheim. Mehr als 24 Stunden lang hat sich der Bombenleger einen Nervenkrieg mit der Polizei geliefert. Er hat keine Forderungen gestellt, aber glaubhaft mit Sprengfallen gedroht, die er in der Wohnung verteilt habe. Wegen der Explosionsgefahr wurden 19 Häuser geräumt, rund 100 Menschen mussten die Nacht zum Donnerstag bei Freunden oder in Hotels verbringen.
Gestern Vormittag hatte die Zermürbungstaktik der Polizei Erfolg. Der Mann gab gegen 10Uhr widerstandslos auf. Zuvor hatte er stundenlang Sprengsätze in seiner Wohnung entschärft, berichtete die Polizei. In der Wohnung sei eine große Menge Waffen und Sprengstoff gefunden worden. Der 44-jährige Installateur habe zudem in einer Wohnung im nahen Weinheim ein Kilogramm TNT gelagert, dort hatte er am Mittwoch die erste Handgranate gezündet.
Anschließend ließ er mehrere Sprengsätze vor einem Einfamilienhaus in Viernheim explodieren. Ein 32 Jahre alter Familienvater erlitt leichte Verletzungen, als er eine Scheibe einschlug, um sich mit seiner 31-jährigen Frau und seinen beiden Kindern ins Freie zu retten. In Weinheim entstand nur Sachschaden, weil die Bewohner im Urlaub waren.
Als Motiv vermuten die Ermittler die allgemeine Perspektivlosigkeit des einschlägig vorbestraften und verschuldeten Mannes. Er sei seit dem Jahr 2000 geschieden und habe nur wenige Freunde gehabt. Gegen ihn liefen zwei gerichtliche Vollstreckungsverfahren, bei denen es aber nur um 250 Euro ging. Zudem sollen mehrere Kunden die Rechnungen des Handwerkers nicht bezahlt haben. Dass am Mittwoch der Gerichtsvollzieher kommen sollte, sei möglicherweise der letzte Auslöser für die Verzweiflungstat gewesen. Der 44-Jährige soll nicht unter dem Einfluss von Alkohol und Tabletten gestanden haben.
Der als Militärfan bekannte Täter hat früher als Wachmann in einem US-Munitionslager gearbeitet. Die Polizei vermutet, dass der Sprengstoff aus dieser Zeit stammt. Der Ex-Soldat wurde bereits 1987 und 1991 wegen eines Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz und wegen des verbotenen Umgangs mit explosiven Stoffen verurteilt.