„Breaking Bread“-Tours: Frieden in Nahost geht durch den Magen

Jerusalem (dpa) - Eine Israelin und eine Palästinenserin bringen gemeinsam Touristen ins Heilige Land. Sie misstrauen den Politikern und wollen auf eigene Faust Barrieren überwinden. Dabei helfen sollen die Geheimnisse der nahöstlichen Küche.

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Verführerische, starke Düfte ziehen durch die
überdachten Gänge von Jerusalems Altstadt. Drei Touristinnen drängen
sich auf dem orientalischen Basar um einen Stand mit exotischen
Gewürzen. Die Frauen saugen begeistert das Aroma von Zutaten wie
Kardamon, Kreuzkümmel und dem rostroten Sumak ein. „Damit kochen wir
heute Abend“, ruft die blonde Shawna Goodman aus Kanada. Sie ist
unterwegs mit „Breaking Bread Journeys“, die Touristen authentische
Reiseerfahrungen in Israel und den Palästinensergebieten vermitteln
wollen.

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Hinter dem von der US-Entwicklungsbehörde USAID unterstützten
Tourismuskonzept stehen die Palästinenserin Christina Samara und die
Israelin Elisa Moed. Ihr Ziel ist es, Touristen gemeinsam nach Israel
und in die Palästinensergebiete und in Kontakt mit den örtlichen
Einwohnern zu bringen. „Tourismus ist ein Weg, zur Zusammenarbeit zu
finden“, sagt die 43-jährige Samara, deren Mutter aus Fürth (Bayern)
stammt. „Der Name des Projekts bezieht sich auf die Tradition des
segenstiftenden Brotbrechens, die allen Religionen gemeinsam ist.“

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Die beiden Frauen haben sich bei der Arbeit in einem Komitee des
Nahost-Gesandten und früheren britischen Premiers Tony Blair
kennengelernt. Sie wollen es Besuchern erleichtern, ungehindert alle
Teile des Heiligen Landes zu sehen. Bisher sei es eher so, dass
Israel und die Palästinenserbehörde alles versuchten, Touristen „für
sich zu behalten“. „Letztlich leiden darunter die Touristen und die
örtlichen Geschäftsleute“, erklärt Moed.

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Die beiden Frauen bieten verschiedene Touren an, darunter „Auf den
Spuren von Jesus“ und „Herodes der Große“. Wichtigste Zielgruppen
seien Touristen aus Deutschland, den Niederlanden und den USA, sagt
Moed. „Gerade die Deutschen sind eher abenteuerlustig und weltoffen“,
sagt sie.

Die Touristinnen auf dem Gewürzmarkt nehmen an der Tour
„Authentisches Essen und Kultur“ teil, die auch nach Nablus und
Bethlehem im Westjordanland führt. „Es ist eine gute Gelegenheit,
beide Seiten zu sehen“, sagt Goodman. „Ich glaube wirklich, dass
Essen dem Frieden dienen kann“, meint sie. „Wenn jemand Dich in sein
Zuhause einlädt, ist es einfach ungeheuer persönlich“, sagt die
temperamentvolle Kanadierin. „Es ist auf jeden Fall eine sehr
angenehme Art, Frieden zu schaffen“, erklärt sie lachend.

Auf dem Weg durch die Altstadt führt der Reiseleiter die Gruppe
dann in ein ungewöhnliches, sehr schlichtes Restaurant, in dem seit
1860 nur eine einzige, einfache Süßspeise gebacken wird. Das Rezept
für das Mutabak genannte Gebäck aus Mehl, Weichkäse und Sirup wird
von Generation zu Generation weitergegeben. Chef Zalatimo wirbelt den
dünnen Teig bei der Vorbereitung geschickt wie eine Pizza durch die
Luft.

Am Abend kochen die Frauen in einem armenischen Restaurant mit der
Organisation „Chefs for Peace“ - einer Initiative von insgesamt 13
muslimischen, jüdischen und christlichen Köchen. Man könne nicht
darauf vertrauen, dass die Politiker Frieden in Nahost schließen,
betont der Gründer der Organisation, Kevork Alemian. „Sie sind die
Spieler und wir sind der Ball, sie treten uns nur umher“, meint der
imposante Koch mit dem graumelierten Schnauzbart.

„Chefs for Peace“ fordert die Bürger in Nahost dazu auf, auf der
persönlichen Ebene aufeinander zuzugehen. „Wenn wir zusammen in einer
Küche kochen, vergessen wir alle Unterschiede“, meint Alemian
optimistisch. Kritische Fragen wischt er ungeduldig vom Tisch. „Wir
tun ja nicht so, als ob alles in Ordnung wäre - wir stellen uns
einfach den Problemen.“ Seine Vision ist ein kulinarischer Weg zur
Koexistenz zwischen Israelis und Palästinensern. „Wenn die Menschen
zusammen essen, dann halten alle den Mund und es ist endlich
Frieden“, sagt er.