Kranke Tiere getötet Brüssel ermittelt in polnischem Fleischskandal - 14 Länder betroffen

Brüssel · Auf einem Schlachthof in Polen werden nachts heimlich kranke Tiere getötet, tonnenweise gelangt das Fleisch in Umlauf - auch in die EU. Warschauer Behörden nehmen die Produkte vom Markt, schließen Gesundheitsrisiken jedoch aus. Auch die EU-Kommission ermittelt.

Symbolbild

Foto: dpa/Oliver Berg

Die EU-Kommission hat wegen eines Fleischskandals auf einem Schlachthof in Polen Ermittlungen eingeleitet. Kontrolleure sollten am Montag nach Polen reisen, um die Situation zu analysieren, erklärte eine Sprecherin der Brüsseler Behörde am Freitag. Die betreffende Fabrik in der Woiwodschaft Masowien, gegen die polnische Behörden inzwischen unter anderem wegen illegaler Schlachtung ermitteln, sei geschlossen, hieß es.

Etwa 9,5 Tonnen Fleisch seien in Umlauf gelangt, ein Drittel davon ins EU-Ausland. Ein Gesundheitsrisiko besteht nach Angaben der Behörden nicht. Das Fleisch werde zurückverfolgt und vom Markt genommen. Mindestens 14 Länder sind betroffen, darunter auch Deutschland.

Kranke Tiere heimlich geschlachtet

Hintergrund ist ein Bericht des polnischen Nachrichtensenders TVN24 über skandalöse Praktiken in einem Schlachthaus in der Woiwodschaft Masowien. Dort sollen kranke Tiere heimlich geschlachtet und das Fleisch in Umlauf gebracht worden sein. Ein Reporter hatte sich bei der Firma als Arbeiter eingeschleust.

Der Leiter des polnischen Hauptveterinäramts, Pawel Niemczuk, bestätigte die rechtswidrigen Praktiken: „Das war ein illegales Prozedere in der Nacht, als es keine Veterinäraufsicht gab.“

Laut EU-Kommission sind nach bisherigem Stand außer Polen und Deutschland auch Frankreich, Spanien, Estland, Finnland, Ungarn, Lettland, Litauen, Rumänien, die Slowakei, Schweden, Tschechien und Portugal betroffen. Das Ausmaß ist noch nicht vollends klar, wie es hieß.

Polnische Behörden nehmen das Fleisch und die Produkte wegen der illegalen Schlachtung vom Markt, schlossen eine Gefahr für Gesundheit und Leben von Menschen jedoch aus. Das Fleisch und daraus erzeugte Produkte könnten verzehrt werden, teilten Veterinär- und Sanitäramt nach Untersuchungen mit.

Polens Landwirtschaftsminister Jan Krzysztof Ardanowski sprach aber von einem Einzelfall. Dieser Betrug schade dem Ruf polnischer Lebensmittel enorm, kritisierte er. Warschau kündigte als Reaktion verschärfte Kontrollen von Schlachtbetrieben an.

150 Kilogramm im Handel verkauft

Nach Frankreich sind laut Landwirtschaftsminister Didier Guillaume rund 800 Kilogramm verdorbenes Fleisch gelangt. 500 Kilo davon wurden laut Ministerium aufgespürt und sollen vernichtet werden.

In Frankreich sind rund 150 Kilo des verdächtigen Rindfleischs aus Polen im Handel verkauft worden. Das verdorbene Fleisch von einem polnischen Schlachthof sei vor allem über Metzgereien an die Verbraucher gelangt, erklärte das Landwirtschaftsministerium in Paris am Freitagabend. Die betroffenen Geschäfte hätten ihre Kundschaft mit Aushängen informiert. Über die großen Ketten sei nach derzeitigem Kenntnisstand dagegen kein Ekelfleisch verkauft worden.

Tschechien kündigte intensive Kontrollen von importiertem Rindfleisch aus Polen an.

In der Slowakei sind mindestens 300 Kilogramm Rindfleisch offenbar in den Handel und sogar in Schulküchen gelangt, hieß es aus dem Agrarministerium in Bratislava. Regierungschef Peter Pellegrini richtete eine Videobotschaft an alle Schulleiter der Slowakei, in ihren Schulküchen kein Importfleisch mehr zu erlauben.

Nach Behördenangaben aus Prag sind rund 300 Kilogramm Rindfleisch aus verdächtigen polnischen Schlachtbetrieben nach Tschechien gelangt. Prags Landwirtschaftsminister Miroslav Toman kritisierte am Freitag im Fernsehen die Informationspolitik Warschaus: „Man hatte uns mehrmals versichert, dass die Fleischlieferungen nicht nach Tschechien gegangen seien.“

(dpa)