Cappuccino-Bären als Folge des Klimawandels
Osnabrück (dpa) - Ihr Vater war ein Eisbär, ihre Mutter eine Braunbärin: Die cremefarbenen Mischlinge Tips und Taps im Zoo Osnabrück sollte es eigentlich nicht geben. Sie sind Produkte der gemeinsamen Haltung verschiedener Bärenarten in einem Gehege vor mehr als zehn Jahren.
Dass ein Eisbär (Ursus maritimus) mit einer Braunbärin (Ursus arctos) Nachkommen zeugt, hätten Tierpfleger damals nicht für möglich gehalten. Nach der Geburt der Geschwister 2004 wurden die Arten sofort getrennt.
Heute nutzt der Zoo die putzigen Cappuccino-Bären, um bei Führungen und in einer Ausstellung auf den Klimawandel aufmerksam zu machen. Denn auch in arktisnahen Regionen, etwa in Kanada, wurden 2006 und 2010 Bären geschossen, die sich per DNA-Nachweis als Mischlinge entpuppten. Sie wurden „Grolar“ oder „Pizzly“ genannt. Ihr Auftauchen hat vermutlich damit zu tun, dass sich die Lebensräume von Polarbären und Grizzlys - der amerikanischen Variante des Braunbären - aufgrund der Erderwärmung zunehmend überschneiden.
Wissenschaftler interessieren sich schon lange für die Verwandtschaft dieser Bären. „Unsere Arbeiten haben gezeigt, dass sich Eis- und Braunbären vor etwa 600 000 Jahren getrennt haben“, sagt Axel Janke vom Biodiversität und Klima Forschungszentrum in Frankfurt. „Seither gab es drei Warmzeiten in denen das Eis geschmolzen ist. Die Eisbären haben vermutlich in kleinen Populationen in Nischen überlebt.“
Ist die heutige Erderwärmung und das Schmelzen des Eises rund um den Nordpol dann überhaupt eine Gefahr für die Existenz des Eisbären? „Gelegentliche Hybridisierungen sind nicht unbedingt gefährlich für die Art“, sagt der Evolutionsbiologe Janke. Sehr viele Kreuzungen würden aber mit Sicherheit auf Kosten der Eisbären gehen, denn aktuell gibt es nur etwa 25 000 Eisbären und mindestens eine halbe Million Braunbären.
Tips und Taps im Osnabrücker Zoo zeigen Verhaltensweisen beider Arten. „Im Winter versuchen sie, das Eis auf dem zugefrorenen Teich aufzubrechen“, berichtet Tierpfleger Thorsten Vaupel. Dies sei typisch für Eisbären, die in der Wildnis auf diese Weise an Robben als Beute kommen wollen. Im Sommer liegen beide gern faul im Gehege und dösen vor sich hin. „Typisch Braunbär“, sagt der Pfleger.
Wenn Thorsten Vaupel mit einem Eimer Makrelen kommt, werden die Geschwister sofort hellwach. Beim Schnappen der Fische erinnert Bärendame Tips mit ihrem cremefarbenen Fell eher an einen Eisbär, das Gesicht ist aber braunbärtypisch. Bei Bruder Taps ist es umgekehrt: dunkleres Fell, aber eine kantige, lange Nase wie ein Eisbär. Ob Taps Nachkommen zeugen kann, wurde nicht ausprobiert. Er ist kastriert. Wissenschaftler haben aber Hinweise darauf gefunden, dass Hybridbären fortpflanzungsfähig sind. Damit unterscheiden sie sich etwa vom Maultier, der Kreuzung zwischen Pferd und Esel.
In der Beringsee zwischen Alaska und Russland wurden auch schon Mischlinge zwischen verschiedenen Walarten beobachtet. Auch unter einigen Robbenarten soll es zu Hybridisierungen kommen.
Die größte Gefahr für Eisbären sind nach Überzeugung der Wissenschaftler jedoch nicht nach Norden wandernde, paarungswillige Grizzlys. Vielmehr bedrohten menschengemachte Einflussfaktoren die Art, sagt Janke: „Dazu zählen Umweltgifte, die Jagd, die Zersiedlung der Landschaft sowie die Rohstoffförderung in der Arktis.“