Chanel und Saint Laurent: Karl mit Kunst und Hedi-Hype

Paris (dpa) - Karl Lagerfeld hat auch im Trend zur Modekunst die Nase vorn. Bei der Präsentation seiner Prêt-à-Porter-Kollektion lässt er Models wie elegante Galeriebesucherinnen auftreten. Hedi Slimane rockt den Saal, Wunderkind bleibt etwas müde.

Andere drucken mühevoll Gemälde auf Kleider, Karl Lagerfeld dagegen inszeniert gleich eine ganze Modenschau als Vernissage. Bei der Präsentation seiner Prêt-à-Porter-Kollektion für Chanel am Dienstag (1. Oktober) in Paris griff er leichthändig die neue Liebe der Designer zur Kunst auf. Diese Liebe ist auffällig bei den aktuellen Schauen für Frühjahr und Sommer 2014.

Lagerfeld schneiderte eine tragbare, fein gemachte und überhaupt nicht angestrengt wirkende Kollektion. Für sein Defilee war der Kuppelsaal im Grand Palais als Galerie moderner Kunst hergerichtet worden. Überall standen oder hingen Installationen, die auf witzige Weise Chanel-Motive aufnahmen.

Im Stil intellektueller wie eleganter Galeriebesucherinnen kamen die Models daher - auf seltsamen Strumpfpumps und mit nach außen geföhnten Haarsträhnen. Statt Chanel-Tasche trugen sie Rucksäcke und dazu avantgardistische Perlenarmbänder. Die für Chanel typischen Tweedkostüme mit ärmellosem Oberteil und wadenlangem, hoch geschlitzten Rock über einem Mini glänzten in Bonbonfarben. Drucke auf fließenden Seidenkleidern in Tuschkastenfarben wirkten wie mit dem Pinsel dahingestrichene Farbflächen. An eine Leinwand erinnerten schmale, hellgraue Jeans mit langen Westen.

„Subversive Klassik“ hätte über der nunmehr dritten Kollektion von Hedi Slimane für Saint Laurent stehen können. Die französische Marke ist dank Slimane zum wohl gehyptesten Label der Pariser Modeszene geworden. Der bewusst billig gestylte Grunge-Look der vergangenen Saison hatte einige Journalisten und Einkäufer zunächst regelrecht aus der Fassung gebracht. Die luxuriösen, perfekt geschnittenen Teile jedoch, die dann in den Boutiquen hingen, verkauften sich dem Vernehmen nach blendend.

Slimane schickte für ihn typische Entwürfe wie superschmale Hosen und geschmeidige Lederjacken über den Laufsteg und fügte diesen das Erbe von Yves Saint Laurent (1936-2008) hinzu: Nadelstreifenjacken, einen schwarzen Trenchcoat, Blusen im Transparentlook und schulterfreie Cocktailkleider, deren Oberteil in einen Blütenkelch aus Stoff mündete.

Slimane verpasste dem Ganzen eine kräftige Zugabe wie aus den 80er Jahren mit superkurzen Röcken, Lurexsocken, Animal Prints, Glitzerstickerei und schillernden Leuchtfarben, die die sonst vorwiegend schwarzen Entwürfe aufmischten. Der Look der Models erinnerte an „Blondie“ Debbie Harry. Slimane zeigt Frauen als rockende, selbstbewusste Girls. Wie wichtig ihm dieser Look ist, konnte man daran ablesen, dass er für das Styling und die Inszenierung der Schau selbst verantwortlich zeichnete. Normalerweise erledigen diesen Job andere.

Der Libanese Elie Saab arbeitete mit viel Spitze auf schlicht geschnittenen Entwürfen. Die Oberteile seiner Kleider waren meist schmal, während die Röcke sich A-förmig öffneten. Die kostbaren Stoffe, die schöne Farbpalette von Nude über Smaragdgrün und Himbeerrot bis Schwarz sowie kunstvolle Stickereien, die an Kaleidoskop-Splitter erinnerten, ließen die Entwürfe erlesen wirken.

Eine sichere Hand bewies die britische Designerin Stella McCartney bei ihren Entwürfen fürs Frühjahr 2014. Jedes Detail der Schau stimmte: So legte der in Satin gefasste Einschnitt ihrer hellen Organzakleider wohl dosiert etwas Haut frei, die Krokohaut-Zeichnungen auf bedruckten Kleidern wirkten an keiner Stelle übertrieben, auch McCartneys sportliche Jogginghosen blieben elegant. Präzise Schnitte und ein gutes Gefühl für moderne Frauen sind zu ihrem Markenzeichen geworden - selbst Hängerkleidchen aus Spitze wirken hier souverän.

Schneiderkunst zeichnet auch das Modehaus Akris aus. Zudem hat sich Designer Albert Kriemler durch seine aufwendigen Drucke einen Namen gemacht. Bilder organischer Formen wie Sandsteinlinien oder Wabenstrukturen im Wüstensand waren für seine, am Sonntag gezeigte Kollektion am Computer verändert worden und erschienen auf zarten wehenden Kleidern in Baumwollvoile. Mehrlagige Entwürfe in St. Galler Stickerei wiesen ebenfalls eine Wabenstruktur auf. Naturtöne wie Granitgrau, mattes Grün und erdige Brauntöne erinnerten an die Farben der afrikanischen Steppe.

Céline-Designerin Phoebe Philo schien mit ihrer Schau die von ihr ausgelöste Welle des neuen Purismus selbst durchbrechen zu wollen. Sie setzte auf bunt kombinierte Drucke im Stil von Graffiti-Kunst. Trotz schöner Plissierungen wirkte das Ganze etwas angestrengt.

Was war mit Wolfgang Joop los? Der deutsche Designer, der sonst meisterhaft Drucke zu kombinieren versteht, hatte diesmal eine weniger glückliche Hand. Die Kleider erinnerten an Hippies, Blumenkinder und den Look der Rocksängerin Janis Joplin (1943-1970), doch wirkten die bunt zusammengewürfelten Drucke etwas müde.