Computer von Germanwings-Copilot erhärtet die Suizid-These
Berlin (dpa) - Vor dem Absturz der Germanwings-Maschine hat der Copilot im Internet nach Suizid-Möglichkeiten und Infos über die Sicherheit von Cockpittüren gesucht. Das teilten die Ermittler in Düsseldorf mit.
Damit finden sich immer mehr Belege, dass der Copilot den Todesflug länger geplant und das Flugzeug mit 150 Menschen gezielt in ein Bergmassiv der Alpen in Frankreich gesteuert haben könnte. Bergungskräfte fanden am Donnerstag auch den zweiten Flugschreiber. Er könnte Gewissheit bringen, was am 24. März in dem Airbus A320 geschah. Politik und Luftfahrtbranche beraten, ob die Cockpittür-Sicherheitsmechanismen erneut geändert werden sollten.
„Der Browserverlauf war nicht gelöscht, insbesondere konnten die in der Zeit vom 16.3. bis zum 23.3.2015 mit diesem Gerät aufgerufenen Suchbegriffe nachvollzogen werden“, teilte die Staatsanwaltschaft nach Auswertung eines Computers mit, der in der Düsseldorfer Wohnung des 27-Jährigen gefunden wurde. Am Unglückstag war der Mann eigentlich krankgeschrieben, was er jedoch anscheinend verheimlichte.
Der Copilot des Flugs 4U9525 wird verdächtigt, den Piloten aus dem Cockpit ausgesperrt und die Maschine auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf absichtlich in die Katastrophe gesteuert zu haben. 72 der 150 Toten waren laut Auswärtigem Amt Deutsche.
Bereits seit kurz nach dem Absturz war bekannt, dass der Copilot während der Ausbildung in der Verkehrsfliegerschule der Lufthansa in Bremen mehrere Monate Unterbrechung hatte. Am Dienstag hatte Lufthansa mitgeteilt, der Copilot habe die Schule 2009 im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme der Ausbildung in einer E-Mail über eine „abgeklungene schwere depressive Episode“ informiert. Er wurde danach als flugtauglich eingeschätzt. Germanwings ist eine Lufthansa-Tochter.
Am Donnerstag sagte ein Sprecher der Ermittlungsbehörde in Düsseldorf, der Nutzer des Tablets habe sich „zum einen mit medizinischen Behandlungsmethoden befasst, zum anderen über Arten und Umsetzungsmöglichkeiten einer Selbsttötung informiert“. An mindestens einem Tag habe er sich auch über mehrere Minuten mit Suchbegriffen über Cockpittüren und deren Sicherheitsvorkehrungen auseinandergesetzt. Welche Begriffe genau in Suchmaschinen eingegeben wurden, behielt die Behörde für sich. Weitere Ermittlungsergebnisse seien in den nächsten Tagen nicht zu erwarten, hieß es.
Den Sprachrekorder der Maschine hatten Bergungskräfte noch am Unglückstag gefunden. Aus den Aufzeichnungen schloss die französische Staatsanwaltschaft bereits, dass der Copilot den Kollegen wohl aussperrte und die Maschine in die Katastrophe steuerte. Neun Tage später fanden Einsatzkräfte jetzt den zweiten Teil der sogenannten Blackbox. Der sogenannte Flugdatenschreiber sei verschüttet gewesen, sagte Staatsanwaltschaft Brice Robin in Marseille. Er könne vermutlich ausgewertet werden und werde dafür nun zur französischen Untersuchungsbehörde BEA nach Paris gebracht.
Der Flugdatenschreiber zeichnet Kurs, Geschwindigkeit, Flughöhe oder Neigungswinkel auf. Gespeicherte GPS-Daten geben Auskunft über den genauen Ort eines Unglücks. Der Flugdatenschreiber kann 25 Stunden lang aufzeichnen.
Bei der Identifizierung der Opfer müssen laut französischer Staatsanwaltschaft die gefundenen DNA-Profile mit den Vergleichsproben der Angehörigen abgeglichen werden. „Diese Arbeit wird schnell beginnen können, von Anfang kommender Woche an“, sagte Robin. Jede Familie werde benachrichtigt, wenn eine Übereinstimmung vorliege.
Fachleute der deutschen Luftfahrtbranche wollen über Lehren aus dem Absturz beraten. Eine neue Arbeitsgruppe soll nach Ostern starten, wie Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, Klaus-Peter Siegloch, sagten. Die Gruppe soll auch über mögliche Veränderungen der Regeln zur festen Verriegelung der Cockpittüren beraten. Geprüft werden sollen auch weitere medizinische und psychologische Checks, mit denen die Flugtauglichkeit von Piloten festgestellt wird. Als Reaktion auf den Absturz hatten die deutschen Fluggesellschaften bereits entschieden, dass immer zwei Personen im Cockpit sein sollen.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) schlug die Einführung einer Ausweispflicht an Flughäfen vor. Die Airlines sollten auch bei Flügen im Schengen-Raum die Identität ihrer Passagiere überprüfen, sagte der Minister in Dresden. Sonst bleibe unter Umständen unklar, wer tatsächlich im Flugzeug sitze. Bislang müssen Passagiere bei Flügen innerhalb des Schengen-Raumes nicht immer einen Ausweis vorzeigen.
De Maizière hält das für ein Sicherheitsproblem. Hintergrund ist das Schengener Abkommen, dem sich bis auf wenige Ausnahmen alle EU-Staaten sowie einzelne andere Länder angeschlossen haben. Im Schengen-Raum gibt es keine systematischen Grenzkontrollen.