Corona-Pandemie „Wir befinden uns ganz klar am Beginn einer Herbst- und Winterwelle“

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht eine neue Corona-Welle im Anmarsch. Diese werde „sich so schnell nicht von alleine begrenzen“.

Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat die Bundesländer aufgefordert, rechtzeitig auf die aktuell steigenden Corona-Infektionszahlen zu reagieren. Deutschland stehe „ganz klar am Beginn einer Herbst- und Winter-Welle“, sagte er am Freitag in Berlin. Zugleich appellierte Lauterbach an die Bevölkerung, insbesondere ältere Menschen, ihre Corona-Impfungen auffrischen zu lassen. Insgesamt sieht er das Land aber besser vorbereitet als im vorangegangenen Herbst.

Ab Samstag gilt das neue Infektionsschutzgesetz. Es legt einige bundesweite Eindämmungsmaßnahmen fest, etwa Maskenpflichten im öffentlichen Fernverkehr und in Arztpraxen. Viele weitere Vorgaben können jeweils die Länder in Kraft setzen, beispielsweise Maskenpflichten in Restaurants sowie in Schulen ab Klasse fünf. Auch Testpflichten können angeordnet werden.

Die neue Corona-Welle sei da, betonte Lauterbach. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz liege über 400 und könne „in nicht allzu ferner Zukunft“ vierstellig sein. Daher stelle sich nun die Frage, „wann steigen die Länder mit den Maßnahmen ein und versuchen die Welle abzubremsen“. Die Landesregierungen hätten verschiedene Maßnahmen sowie die nötigen Daten zur Verfügung und müssten entsprechend der Lage reagieren.

„Wir sind besser vorbereitet als im letzten Herbst“, zeigte sich Lauterbach zugleich überzeugt, unter anderem wegen einer verbesserten Datenerhebung. Dennoch sei weiterhin Wachsamkeit nötig. Corona stehe aktuell nicht so stark „im Licht der Öffentlichkeit“ wie andere Krisen, etwa die hohen Energiepreise infolge des Ukraine-Kriegs. „Es ist an uns, dafür zu sorgen, dass es so bleibt“, sagte der Minister. „Ich glaube, dass wir verhindern müssen, dass die Bevölkerung mit Krisen überwältigt wird.“

Falls die Corona-Welle nicht begrenzt werde, könne es in einigen Wochen auch zu Problemen bei der kritischen Infrastruktur wie Krankenhäusern und der Polizei kommen, weil dort Beschäftigte erkrankt ausfallen, warnte Lauterbach. Eine Abschaffung der Isolationspflicht für Infizierte lehnte er in diesem Zusammenhang ab. Ein solcher Schritt würde nur das Infektionsgeschehen „weiter befeuern“. Auch eine Aufhebung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht für Mitarbeitende im Gesundheitssektor lehnte Lauterbach ab.

Er appellierte außerdem insbesondere an ältere Menschen, sich eine vierte Corona-Impfung verabreichen zu lassen. Diese reduziere die Sterblichkeit im Fall einer Corona-Infektion um 90 Prozent. „Es macht für ältere Menschen einen Riesenunterschied.“ Der Minister kündigte eine neue Impf-Werbekampagne für Oktober an. Von den neuen, auf die aktuellen Corona-Varianten abgestimmten Impfstoffen stehe „deutlich mehr“ zur Verfügung, als momentan nachgefragt werde.

Der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, verwies in der gemeinsamen Pressekonferenz darauf, dass derzeit besonders viele Atemwegserkrankungen registriert würden - neben Corona hätten viele Menschen mit Schnupfenviren oder Grippe zu kämpfen. Als allgemeine Schutzmaßnahmen empfahl Wieler, unter anderem regelmäßiges Stoßlüften und das Tragen von Masken in Innenräumen.

Wer Erkältungssymptome habe, solle „drei bis fünf Tage“ zu Hause bleiben, sagte der RKI-Chef weiter. „Viel Bewegung an der frischen Luft und ausgewogene Ernährung stärken die Abwehrkräfte“, fügte der RKI-Chef hinzu.

Lauterbach zeigte sich überzeugt, dass die Bürgerinnen und Bürger die Corona-Eindämmungsmaßnahmen weiter mittragen. Es habe immer eine „hohe Unterstützung“ für die Maßnahmen gegeben - abgesehen nur von einer „kleinen Gruppe“, die sich „sehr laut artikuliert“. Er blicke insgesamt zuversichtlich auf die nächsten Pandemie-Monate: „Wir werden das im Griff haben.“

(dpa)