Neue Corona-Variante Omikron gefährlicher für Kinder? Christian Drosten besorgt
Schwere Corona-Verläufe bei den jüngsten Kindern? Daten aus Südafrika zur Omikron-Variante bereiten dem Virologen Christian Drosten Sorgen.
Der Virologe Christian Drosten warnt davor, davon auszugehen, dass die Krankheit bei einer Infektion mit Omikron wie in einigen Ländern beobachtet auch in Deutschland milder verlaufen werde. Die Immunsituation sei „in jedem Land ein bisschen unterschiedlich“, sagte er in den ARD-Tagesthemen.
Ihm mache in diesem Zusammenhang Sorgen, das in Deutschland relativ viele Menschen weder geimpft noch genesen seien. Und diese Gruppen könnten nach bisherigen Erkenntnissen über Omikron besonders anfällig für schwere Verläufe sein. Informationen aus Südafrika würden ihm in dem Zusammenhang „verstärkt Sorgen“ machen. Demnach müssten gerade Kinder unter fünf Jahren mit schweren Verläufen ins Krankenhaus.
Der Virologe unterstrich die Bedeutung von Kinderimpfungen zur Vermeidung von Schulschließungen. Er könne "wirklich nur raten, die Kinder impfen zu lassen", betonte der Leiter des Fachbereichs Virologie an der Berliner Charité - wegen des Schulbetriebs, aber auch mit Blick auf die eigene Gesundheit und mit einer "Vorsichtsüberlegung", falls es sich bewahrheiten sollte, dass die Erkrankungen bei Kindern durch die Omikron-Variante schwerer sind. Darauf deuteten die Daten aus Südafrika hin.
Die neue Coronavirus-Variante Omikron überrascht Wissenschaftler in Südafrika durch eine zunehmende Infektion auch von jungen Kindern. „Es gibt eine Zunahme bei Krankenhauseinlieferungen von Kindern der Altersgruppe bis fünf Jahre“, sagte die Wissenschaftlerin Michelle Groome vom Nationalen Institut für übertragbare Krankheiten NICD am Freitag. Das unterscheide die in Südafrika beginnende vierte Infektionswellen von früheren derartigen Phasen. Es sei aber noch zu früh, aus den bisher vorhandenen Daten wissenschaftlich fundierte Schlüsse zu ziehen. Allein im Großraum um die Hauptstadt Pretoria (Tshwane-Metropole )habe es in den vergangenen zwei Wochen rund 100 Hospitalisierungen junger Kinder gegeben. Nach der Altersgruppe der über 60-Jährigen stellten junge Kinder dort nun die zweitgrößte Gruppe.
Anstieg der Krankenhauseinlieferungen bei unter Fünfjährigen in Südafrika
„Wir haben einen Anstieg der Krankenhauseinlieferungen bei unter Fünfjährigen beobachtet“, bestätigte am Freitag auch Ramphelane Morewane vom südafrikanischen Gesundheitsministerium. Bei all diesen jungen Patienten seien die Eltern nicht geimpft gewesen, sagte die NICD-MedizinerinWaasilaJassat. Sie schloss nicht aus, dass Kleinkinder nun für das Virus empfänglicher seien als zuvor. Der Kap-Staat bereitet sich angesichts rasant steigender Fallzahlen nun auf die vierte Infektionswelle vor. Laut Gesundheitsminister Joe Phaahla gibt es trotz zunehmender Behandlungen im Krankenhaus aber noch keine Engpässe in den Kliniken. Bisher seien die Fälle zu fast 80 Prozent im Großraum um die Metropole Johannesburg und die Hauptstadt Pretoria (Gauteng-Provinz) aufgetreten. Nun steige ihre Zahl langsam auch in den anderen Provinzen. Nach noch sehr frühen Erkenntnissen sei Omikron zwar extrem ansteckend, verursache aber bei geimpften Personen nur relativ milde Erkrankungen.
Deutsche Lehrerverband: Schulschließungen sollten angesichts von Omikron möglich bleiben
Der Deutsche Lehrerverband forderte angesichts der Omikron-Variante, dass flächendeckende Schulschließungen auch künftig "kein absolutes Tabu" sein dürfen. Angesichts der Omikron-Variante sei es "gefährlich, heute zu versprechen, dass es Schulschließungen nie wieder geben wird", sagte Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Damit würde die Politik einen ähnlichen Fehler begehen wie mit dem generellen Ausschließen einer Impfpflicht.
Omikron könne "leider dazu führen, dass wir doch wieder in den Wechselunterricht gehen müssen", sagte Meidinger. Gerade weil viele Kinder und Jugendliche noch keinen oder keinen ausreichenden Impfschutz hätten, müsse es möglich sein, "wieder auf sämtliche Instrumente der Pandemiebekämpfung an Schulen zurückzugreifen".
Corona in Deutschland: RKI fordert weitere kontaktbeschränkenden Maßnahmen
Trotz eines leichten Rückgangs der wöchentlich gemeldeten Corona-Neuinfektionen rät das Robert Koch-Institut (RKI) zu stärkeren Anstrengungen im Kampf gegen die Pandemie. Die hohe Infektionsgefahr bleibe angesichts der großen Fallzahl weiter bestehen, schreibt das RKI in seinem Wochenbericht vom Donnerstag. In der ersten Dezemberwoche (29. November bis 5. Dezember) sei die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner um vier Prozent niedriger gewesen als in der Woche zuvor.
„Der leichte Rückgang der 7-Tage-Inzidenz könnte ein erster Hinweis auf eine sich leicht abschwächende Dynamik im Transmissionsgeschehen aufgrund der intensivierten Maßnahmen zur Kontaktreduzierung sein“, schreibt das RKI. Auch aus anderen Datensystemen kämen vergleichbare Signale. Der Anteil positiv getesteter PCR-Proben habe sich in der Woche nicht weiter erhöht. Das RKI schränkt die Aussagekraft der Daten jedoch nach wie vor ein: „Trotzdem können weiterhin regional überlastete Kapazitäten im Öffentlichen Gesundheitsdienst und regional erschöpfte Laborkapazitäten zu einer Untererfassung von Fällen führen.“
Von der neuen, als besorgniserregend eingestuften Variante Omikron seien bis 7. Dezember in Deutschland 28 Fälle durch Genomsequenzierung nachgewiesen worden (bis 1. Dezember waren es 4). Bei 36 weiteren Fällen bestehe aufgrund eines spezifischen PCR-Tests der Verdacht darauf. Es ist von wesentlich mehr Fällen auszugehen, denn Labore untersuchen nur einen Bruchteil der positiven Proben auf Varianten.
„Wir gehen davon aus, dass sich Omikron sehr schnell durchsetzen wird“, sagte Christian Karagiannidis, Leiter des Divi-Intensivregisters, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitag). In Deutschland betrage die Verdopplungszeit geschätzt eine Woche. „Das hieße, dass die Fallzahlen um Weihnachten zu steigen beginnen, bereits Ende Januar könnte Omikron die dominierende Variante sein.“ Selbst wenn eine Infektion mit Omikron im Schnitt zu einem leichteren Verlauf führen würde als mit Delta, bekämen die Kliniken durch die rasche Verbreitung ein massives Problem. „Wir haben aktuell rund 5000 Covid-Intensivpatienten bundesweit. Zu keinem Zeitpunkt in der Pandemie hatten wir so wenige freie Betten. Die Omikron-Welle wird auf Kliniken stoßen, die längst am Limit sind, und mit Geld kann man das Problem nicht lösen.“
Aufgrund von regionalen Kapazitätsengpässen in Kliniken sind laut RKI bereits mindestens 93 Covid-Patienten nach dem sogenannten Kleeblatt-Prinzip über Bundeslandgrenzen hinaus verlegt worden.
Die höchste 7-Tage-Inzidenz haben laut RKI weiterhin die 10- bis 14-Jährigen mit 1020 gemeldeten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner, gefolgt von den 5 bis 9-Jährigen mit 951. Schüler werden jedoch auch besonders häufig getestet. Die berechnete Zahl der Klinikaufnahmen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen sei insbesondere bei den Menschen ab 60 Jahren in den vergangenen sechs Wochen stark gestiegen.
Die aktuelle Entwicklung sei weiter „sehr besorgniserregend“, heißt es in dem RKI-Bericht. „Nur durch eine Intensivierung der kontaktbeschränkenden Maßnahmen und rasche Erhöhung der Impfraten kann die Situation verbessert werden.“ Das RKI rät - auch Geimpften und Genesenen - dringend dazu, größere Veranstaltungen und enge Kontaktsituationen, wie etwa Tanzveranstaltungen oder Weihnachtsfeiern, möglichst abzusagen oder zu meiden. „Eine maximale Reduktion der Übertragungsraten ist auch notwendig, um die zu erwartende Ausbreitung der Omikron Variante zu verlangsamen.“ Grundsätzlich sollten laut RKI alle Menschen nicht notwendige Kontakte reduzieren und Reisen vermeiden. „Insbesondere vor Kontakt zu besonders gefährdeten Personen sollte ein vollständiger Impfschutz vorliegen und ein Test gemacht werden.“