Country-Göttin Dolly Parton wird 70
Sevierville (dpa) - In den Südstaaten der USA steht vor jedem Rathaus ein Denkmal, und meistens sind da alte Männer in Uniform drauf. Nicht in Sevierville, Tennessee. Da sitzt eine junge Frau mit Gitarre auf einem Stein, und obwohl sie aus grauem Metall ist, besteht kein Zweifel, dass ihre Mähne irgendwie blond ist.
Und sie wird angebetet wie eine Königin, ja eine Göttin. Für die Musik der Region ist sie das auch: Dolly Parton ist die erfolgreichste Countrysängerin der Welt. Jetzt wird sie 70.
„Eigentlich bin ich doch nur das Mädchen von nebenan - sofern man nebenan einen Vergnügungspark hat“, sagt die Sängerin selbst über sich. Parton weiß verdammt genau, wo sie steht und wem sie alles zu verdanken hat. Nie würde sie die Fans, für die sie vielleicht wichtiger ist als der Präsident, arrogant behandeln. Und dass die Hochkultur verächtlich auf die Sängerin mit den vielen Schönheitsoperationen herabblickt - wen stört's. „Sie würden
überrascht sein, wie teuer es ist, so billig auszusehen.“
Enge Jeans, Flanellhemd, blonde Mähne und breites Lächeln - das ist ihre Masche, seit sie ein Teenager ist. Mit elf Geschwistern ist sie in einer winzigen Hütte aufgewachsen, aber da wurde immer Musik gemacht. „Wir waren arm wie Dreck“, sagte sie einmal, und dieses Image, von ganz unten zu kommen, pflegt sie auch als Millionärin noch. Sie singt noch heute „von der guten alten Zeit, als es uns schlecht ging“.
Parton wurde schon als Teenager bekannt und in Nashville, der Welthauptstadt des Country, traf sie einen netten Herren mit Gitarre und Hut, der ihr empfahl, musikalisch einfach ihrem Herzen zu folgen. Es war Johnny Cash. Parton wurde schnell berühmt. Und blieb es. 25 Nummer-Eins-Hits hatte sie, fast 50 Alben veröffentlichte sie und 3000 Songs hat sie geschrieben. Den vielleicht berühmtesten machte jemand anderes zum Welterfolg: „I Will Always Love You“ wird immer mit Whitney Houston verbunden bleiben.
Der erste Song auf Partons erster Platte hieß „Dumb Blonde“, „Dumme Blondine“. Die Kritik an dem Image stört sie nicht: „Ich weiß ja
selbst am besten, dass ich nicht dumm bin. Und nicht blond.“ Die Mähne ist eines ihrer drei Markenzeichen. Die anderen beiden hat sie einem Chirurgen zu verdanken, als Brustoperationen noch etwas Besonderes waren. „Ich kannte Dolly schon, als sie noch flachbrüstig war“, sagte ihr Manager Lee Solters einmal. Parton steht zu ihren Operationen: „Warum soll ich aussehen wie ein alter Hofhund, wenn ich nicht muss?“
Nein, dumm ist sie nicht, sondern eine gewiefte Geschäftsfrau, die als Musikerin und Schauspielerin, mit ihrem Vergnügungspark „Dollywood“ und mit diversen anderen Dingen Geld verdient, etwa mit Perücken. Die mit dem Image des leichten Lebens kokettiert („Meine Schwäche sind Essen und Männer - in dieser Reihenfolge“), aber seit 50 Jahren mit dem Mann verheiratet ist, den sie an ihrem ersten Tag in Nashville traf („Für uns beide ist es die erste Ehe. Und die letzte“). Die die Schule hasste und nach eigener Aussage Depressionen bekommt, wenn sie „all die armen unschuldigen Kinder in den Schulbussen“ sieht, aber jedes Jahr Millionen Schulbücher spendet. Eine, die nicht weiß, was sie will? Eine, die genau weiß, was sie will. Und was die Fans wollen, und das gibt sie ihnen.
Aber nichts täuscht darüber hinweg, dass Dolly Parton mittlerweile eine ältere Frau ist. Die Stimme ist längst nicht mehr so kraftvoll und auch der Gang ist alles andere als jugendlich. Aber für die Menschen in Ost-Tennessee ist sie nach gleichzeitig eine Göttin und „eine von uns“. Vielleicht, weil sie hart arbeitet, getreu ihrem Motto: „Wenn man den Regenbogen sehen will, muss man den Regen ertragen können.“