Dackel in Feierlaune - der Wursthund ist wieder da

München (dpa) - Sein treuer Blick lässt Herzen schmelzen: Der Dackel scheint wieder voll im Trend zu liegen. Ein stadtgewandter, frecher Hund mit ausdrucksstarker Mimik und aristokratisch fein geschwungener Schnauze, dabei handlich und notfalls per Hundetasche mitzunehmen.

Der Zeitgeist hat den Dackel - auch Teckel oder Dachshund genannt - wiederentdeckt, Vereine berichten über neuen Zulauf. Zur ersten Dackelparty des Dackelclubs München kamen am Samstag rund 50 Vierbeiner samt Herrchen und Frauchen. Die Belustigungen auf dem Freigelände des Tierheims im Stadtteil Riem reichten vom Buddelwettbewerb über einen Wurstwettlauf bis zur Gummientenjagd. Nicht bei allen Wettkämpfen waren die Krummbeiner freilich voll bei der Sache - mancher hob lieber das Bein am nächsten Strauch, anstatt möglichst schnell ein Leckerli aus dem Sand zu buddeln.

Auch die an einer Schnur aufgereihten Mini-Würste waren weniger wichtig als das am Ziel wartende Frauchen, und die gelben Gummienten im künstlichen Miniteich interessierten noch weniger als die ebenfalls gelben Tennisbälle.

Auch Nina von Amalienburg - eine der Reinrassigen bei der Hunde-Fete - wendet sich gelangweilt ab, wenn es um Leckerli im Sandhaufen geht. Bei einem Maulwurf wäre sie hingegen nicht zu halten gewesen, schließlich ist sie ein Jagdhund, weiß Herrchen Erhard Reuther. Nächste Woche will er mit ihr nach Usedom. „Da muss sie mal richtig schwimmen lernen.“ Der Dackel, soviel ist klar, ist ungeheuer vielseitig: Früher wurde er vielfach als Begleiter am Stammtisch dargestellt - heute begleitet er die Herrschaften problemlos im edlen Restaurant oder beim Empfang.

Die neue Begeisterung für den „sausage dog“ sei aus den USA herübergeschwappt, glaubt die Autorin der gerade erschienenen Dackel-Mini-Kulturgeschichte „Tierisch Kult. Dackel“, Christine Paxmann. Auch in Italien ist der Dackel beliebt. „Er ist der ideale urbane Hund. Er ist gesellschaftsfähig, man kann ihn auch auf Vernissagen mitnehmen. Und er hat eine verträgliche Größe, die auch in einen Fahrradkorb passt.“

Schon früher erkannten Künstler und Prominente die Vorzüge des Dackels. Picasso nahm seinen Dackel - ein Privileg! - mit ins Atelier, Andy Warhol widmete seinen Dackeln Archie und Amos Bilderzyklen, wie Paxmann schreibt. Wilhelm II. hatte seinen Erdmann und der Wittelsbacher Prinz Wolfgang von Bayern bekam Kunibert von seinem Vater: Der Dackel hat bei den Wittelsbachern Tradition, Prinz Rasso von Bayern züchtet seit Jahrzehnten Kurzhaartigerdackel.

Nach einem Boom in den 70er Jahren, befördert durch das Münchner Olympiamaskottchen Waldi, flaute das Interesse an dem Wursthund auf Stummelbeinen ab. Besonders in München fürchteten Dackelfreunde um den Bestand, gehört der Dackel doch zu München wie Bier, Brezn und Oktoberfest.

Traditionalisten und gemeine Dackelfreunde schlugen Alarm. München hatte nicht einmal einen eigenen Dackelclub - ein unhaltbarer Zustand, fand die Vorsitzende des Dackelclubs München, Henrike Haarstick. Die Studentin hatte vor einem Jahr den Club zum Erhalt von Kultur und Tradition rund um den Dackel mitgegründet. Fast zeitgleich entstand die Sektion München des Bayerischen Dachshundklubs, der sich den Erhalt der Dackelrassen auf die Fahnen geschrieben hat und angesichts sinkender Verkaufszahlen eine Kampagne für die Traditionsrasse startete.

Inzwischen können sich die Züchter vor Anfragen kaum retten, wie Klaus Eisler, 2. Vorsitzende des Bayerischen Dachshundklubs, berichtet. „Die Nachfrage nach Dackelwelpen hat im Jahr 2010 und auch in der ersten Hälfte dieses laufenden Jahres derart zugenommen, dass nicht alle Anfragen von Dackelliebhabern bedient werden konnten beziehungsweise können.“

Er ist also wieder da, der Dackel, genau wie die Plateauschuhe und die Schlaghose. Sie hoffe nur, dass nicht alle Hundeanfänger sich einen Dackel anschaffen, sagt Dackelkennerin Paxmann. Denn die Erziehung des frechen Krummbeiners ist zwar nicht unmöglich, aber nicht einfach. „Er ist wahnsinnig individuell. Er hat einen zu eigenen Kopf und zu viele eigene Ideen.“