Das dicke Ost-Ampelmännchen erobert den Westen
Bremer Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die schlanke West-Variante eher übersehen wird.
Bremen/Hückeswagen. Es trägt Hut und ist deutlich fülliger als sein West-Kollege: das Ost-Ampelmännchen. Die Bremer Jacobs University hat jetzt in einer Studie herausgefunden, dass das Ost-Modell besser erkannt wird.
„Eigentlich wollten wir unsere Versuche zur visuellen Aufmerksamkeit nur für die Probanden netter machen“, erklärt Psychologin Claudia Peschke. „Irgendwie sind wir dann auf die Ampelmännchen als Testobjekte gekommen. Das war totaler Zufall.“
20 Probanden hat sie gemeinsam mit zwei Professoren getestet. Ihnen wurden am Computer Bilder der beiden Männchen vorgelegt. Möglichst schnell mussten sie per Knopfdruck entscheiden, ob sie gehen oder stehenbleiben sollten — einmal anhand der Farbe, ein anderes Mal anhand der Form.
Das Ergebnis: „Die Probanden haben das Ost-Männchen schneller erkannt, auch wenn es eine falsche Farbe hatte“, sagt Peschke. Als die Probanden sich an der Farbe orientieren mussten, waren die Reaktionszeiten beim Ost-Modell langsamer. Die Psychologin erklärt: „Die Form lässt sich nicht so leicht ignorieren.“
Für sie ist das Ergebnis eindeutig. Die seitwärts ausgestreckten Arme und der dynamische Gang des Ost-Männchens würden dem Betrachter deutlich zeigen, was er tun muss — anders als der West-Kollege mit seiner schlanken Statur. „Vielleicht liegt das auch daran, dass die Leute es niedlicher finden und darum mehr beachten“, spekuliert Peschke.
Trotzdem fordert die Psychologin nicht, alle Ampelmännchen im Westen auszutauschen. „Das wäre viel zu teuer. Aber bei neuen Ampelanlagen könnte man sich bewusst für das Ost-Männchen entscheiden.“
Die Eroberung des Westens beginnt: Als erste West-Stadt hat Hückeswagen 2010 an allen Fußgängerampeln die Ost-Männchen eingesetzt, auch in Bonn sind schon Ampeln umgerüstet worden.