„Der letzte Tag in Freiheit“: Junggesellen lassen es krachen
Düsseldorf (dpa) - Der Abschied vom Junggesellendasein findet oft vor aller Augen statt. Es wird viel getrunken. Der Bräutigam zieht schrill verkleidet mit Freunden um die Häuser. Manche Gastronomen erteilen Lokalverbot.
Doch es geht auch ruhiger.
Der junge Mann trägt ein Ballettröckchen, ein anderer geht als Riesenbaby. Absonderlich Verkleidete tigern inmitten von Gruppen durch die Fußgängerzonen der Großstädte. Es sind Junggesellenabschiede. Das Fest vor der Heirat wird seit zwei Jahrzehnten immer häufiger gefeiert, von Braut und Bräutigam gleichermaßen. Vor allem in Großstädten wie München, Köln oder Düsseldorf spielt sich das manchmal ziemlich bizarre Ritual ab.
In der Düsseldorfer Altstadt etwa tauchen inzwischen an Samstagen in den Sommermonaten gut und gerne 15 bis 20 Gruppen auf. „Die ziehen von Lokal zu Lokal“, sagt einer, der an der „längsten Theke der Welt“ arbeitet und dem Ganzen einen Ballermann-Charakter attestiert. „Schlimm, ganz schlimm“, meint ein Köbes (Kellner) in einer traditionellen Altbiergaststätte und rollt mit den Augen. „Die machen sich zum Affen.“ In Köln etwa sind verkleidete Junggesellengruppen in manchen Brauhäusern nicht mehr willkommen. Dass sie auch noch Schnaps oder Kondome an Gäste verkauften, kam nicht gut an.
Die Bonner Volkskundlerin Andrea Graf hat Junggesellenabschiede erforscht. Sie kommt zu dem Schluss: Es gibt zwar alkoholgetränkte Varianten - auch mit Stripshow und Stretchlimousine. Meist aber falle der Ledigen-Abschied nicht groß auf.
Die Hauptperson soll Geld einnehmen und die Sause finanzieren. Die Freunde geben dem oft mit einem Bauchladen ausgestatteten Noch-Junggesellen eine Aufgabe: Er soll Lieder singen, Kekse, Schnaps oder auch Sexspielzeug verkaufen. Oft hätten die Spiele eine Verbindung zum Sexuellen, meint Graf. Bräute etwa lassen sich auf ihrer Abschiedstour Löcher in Herzchenform aus den Klamotten schneiden. Die Volkskundlerin sieht es nüchtern: „Das Über-die-Stränge-Schlagen gehört zu einem Übergangsritual dazu.“ Wie die Abi-Feier zum Schulende oder der Karneval vor der Fastenzeit.
Dienstleister machen im Internet auch Angebote zur Feier - von der superlangen rosa Limousine bis zu T-Shirts mit der Aufschrift „Der letzte Tag in Freiheit“ oder „Ehesklave“. Alkohol gehört bei vielen dazu, das weiß Graf aus ihrer Befragung. Aber nicht alle Feiern münden in Trunkenheit.
In früheren Jahren muss es nicht unbedingt weniger ausgelassen zugegangen sein. Eine Frau aus der Eifel erzählte, dass man sich im Haus der Braut getroffen und die Räume geschmückt habe. „Das war auch lustig.“ Volkskundlerin Graf meint, viele Junggesellenabschiede fänden ohne Verkleidung, Stadt und Spiele statt und fielen nicht weiter auf. „Die Leute fahren irgendwohin, machen Ausflüge, Fahrradtouren, Bootsfahrten oder gehen ins Tonstudio und nehmen ein Lied auf.“