Die einst zerstörten Gebiete sind längst wieder beliebte Reiseziele
Viele Touristen machen heute wieder Urlaub in Thailand.
Khao Lak. Der 25. Dezember 2004. Ying, oder wie sie mit vollem Namen heißt, Ms. Surassawadee Woraphan, hat Geburtstag. Wie jedes Jahr wird eine große Party am Strand gefeiert. Es gibt Picknick, man schaut aufs Meer und beobachtet die Schildkröten, die an Land kommen und ihre Eier ablegen. Nichts deutet darauf hin, dass am nächsten Tag in dieser Idylle die Welt untergeht.
Am zweiten Weihnachtstag brachen dann die Riesenwellen des Tsunami im Indischen Ozean über Thailand und Indonesien herein. Etwa 8000 Menschen kamen in Thailand um, darunter mehr als 2200 ausländische Touristen. Fast in Echtzeit haben Amateurfilme der Überlebenden die Katastrophe in deutsche Nachrichtensendungen gebracht. Die Zerstörung in Khao Lak und am Patong-Strand weiter südlich auf der Insel Phuket waren damit in aller Welt gegenwärtig — wer hatte damals vorher schon das Wort „Tsunami“ gehört ?
Zehn Jahre später ist dieses Wort in Thailand nicht mehr so präsent. Die Orte der verheerenden Zerstörung sind wieder blühende Touristenregionen. Die unzähligen Toten, Vermissten, Verletzten - das ist heute kaum mehr vorstellbar.
Auch Khao Lak und Patong sind wieder voller Leben. Weiße Palmenstrände und alte Tempelanlagen machen Khao Lak und Phuket wieder zu beliebten Urlaubszielen. Die Strandbars sind voll und die Massagesalons buhlen um Besucher. Auch die Hotelanlagen in Khao Lak sind wieder aufgebaut. Im ersten Jahr nach dem Tsunami ging die Zahl der Urlauber allerdings um 70 Prozent zurück. 120 000 Menschen verloren damals ihre Arbeit. „Der neue Touristenboom bringt nun aber wieder neue Jobs“, sagt Ying. Die 55-Jährige arbeitet seit 14 Jahren als Reiseleiterin von Neckermann Reisen/Thomas Cook im Süden von Thailand.
„Der Tsunami hatte viele Bungalowanlagen weggespült. An ihrer Stelle sind inzwischen große Hotelanlagen entstanden“, sagt Ulrich Heuer, Leiter des Tui-Krisenstabs. „Thailand als wichtigstes Ziel in Asien hat sich nach der Tsunami-Katastrophe trotz der großen Zerstörung schnell erholt. Insbesondere Khao Lak als Region, die vom Tsunami am stärksten betroffen war, entwickelte sich besser denn je. Heute gibt es hier eine komplett neue Infrastruktur mit wesentlich mehr Hotels und höheren Zimmerkapazitäten als vor dem Tsunami. In Khao Lak und auch auf Phuket sind die Gästezahlen heute deutlich höher als vor dem Tsunami.“
Auch Urs Pöllmann macht mit seiner Frau Nadine und seinen beiden kleinen Töchtern Jeuli und Noemi Urlaub in Phuket. Den Tsunami hat der deutsche Familienvater zwar im Hinterkopf, aber er spielt keine Rolle mehr: „Es ist eher unwahrscheinlich, dass so eine Katastrophe bald noch mal passiert.“
Um das auf jeden Fall zu verhindern, wurde im Indischen Ozean ein Tsunami-Frühwarnsystem installiert. Meeresströmungen und Wellenbewegungen werden gemessen und zusammen mit der möglichen Zerstörungskraft eines Bebens unter dem Meeresboden innerhalb von Minuten ausgewertet. Küstenbewohner sollen dann über Sirenen, Lautsprecher und SMS gewarnt werden. Zudem sind Evakuierungsrouten in Phuket und Khao Lak öffentlich mit Schildern ausgewiesen. Diese sind allerdings schon recht verblasst — genauso wie die Erinnerung an den Tsunami.