Die Müllwerkerin und der Erzieher: Zwei, die aus der Rolle fallen
Bartosz Sladek ist Erzieher, Kathrin Wernicke Müllwerkerin — tauschen wollen sie nicht. Beide lieben ihren Beruf.
Düsseldorf/Langenfeld. Wenn Kathrin Wernicke (40) von ihrem Job erzählt, reißt ihr Gegenüber überrascht die Augenbrauen hoch. Bartosz Sladek (26) kennt diese Reaktion. Er ist Erzieher in einer Düsseldorfer Kindertagesstätte, Wernicke ist Müllwerkerin in Langenfeld. Würden die beiden tauschen, müssten sie sich für ihre Berufswahl wohl kaum „rechtfertigen“. Doch sie sind in ihren Bereichen Exoten.
Kathrin Wernicke arbeitet seit einem Jahr im Langenfelder Entsorgungsteam — als einzige Frau. „Ich bin sehr glücklich. Ich bin noch nie so gerne zur Arbeit gegangen.“ Die gelernte Maler- und Lackiererin fand auf Umwegen zu ihrem Traumberuf. Nach einer Station am Schreibtisch als Bürokauffrau wechselte sie zu einem Großhandel für Sanitärbedarf, war dort im Lager eingesetzt. „Allerdings als zweifache Mutter nur in Teilzeit. Dann wollte ich wieder voll einsteigen.“
Bei der Jobsuche stieß sie auf die Langenfelder Stellenausschreibung und dachte sich: „Ich probier’s einfach mal.“
Bartosz Sladek wusste schon als Jugendlicher, dass er mit Kindern arbeiten möchte. Seit zwei Jahren ist der 26-Jährige, der in Wuppertal wohnt, in einer Diakonie-Kindertagesstätte an der Kopernikusstraße in Düsseldorf angestellt. Und er ist nicht der einzige Mann im Team. „Ich habe noch zwei Kollegen. Das ist eine absolute Ausnahme. Vorher war ich immer alleine unter Frauen.“ Das männliche Trio sei gut für die Arbeitsatmosphäre — und beliebt bei den Kindern. „Wir sind robuster, klettern auch mal mit auf etwas hinauf oder spielen eine Runde Fußball“, sagt Sladek. Auch die Eltern hätten ihn positiv aufgenommen. „Ich habe keine Vorbehalte mitbekommen.“
Wenn er ein Kind wickeln muss, frage er es aber immer, ob das ok sei, oder ob eine Kollegin übernehmen soll. „Das Thema besprechen wir zudem mit den Eltern“, erzählt der Erzieher, selbst Vater eines Sohnes (4).
Etwas zurückhaltend hätten die Kollegen am Anfang auf sie reagiert, sagt Kathrin Wernicke. „Aber das ist ganz normal. Ich war eben die ,Neue’.“ Nach den ersten gemeinsamen Touren war aber schnell klar: Die Blondine kann anpacken. Dass sie einen Kollegen bittet, ihr bei einer schweren Tonne zu helfen, kommt in der Regel nicht vor. „Körperlich kann ich mithalten.“
Ihr Vater hatte schon mehr Bedenken: „Überleg dir das gut. Das ist doch eine Männerdomäne“, redete er auf sie ein. Auch ihr Sohn (19) und ihre Tochter (18) waren nicht begeistert. Sie hatten Angst, die Arbeit ihrer Mutter sorge in der Schule für Hänseleien. „Da wir aber in Haan wohnen, fahre ich ja nicht bei den Mitschülern mit dem Müllwagen vor.“ Und spätestens als Wernicke regelmäßig mit einem Lächeln abends nach Hause kam, waren alle Vorbehalte verflogen.
Sie liebt es, draußen zu arbeiten — trotz unangenehmer Gerüche am Arbeitsplatz. „Natürlich kommt es auch mal vor, dass Tierchen aus der Tonne krabbeln. Aber das gehört dazu.“
Auf die Frage, was ihm an seinem Beruf besonders Spaß macht, antwortet Bartosz Sladek ohne zu zögern: „Die Ehrlichkeit der Kinder. Die sagen einfach freiheraus, was sie denken. Das ist toll.“ Abschreckend für viele Männer: das niedrige Gehalt und die geringen Aufstiegschancen. Sladek kann sich dennoch vorstellen, den Beruf lebenslang auszuüben. Genauso wie Kathrin Wernicke.