Die Retter der Flusskrebse
Die heimischen Arten sind in NRW vom Aussterben bedroht. Tierschützer kämpfen für den Erhalt von Edelkrebs und Co.
Düsseldorf. Bjoern Staben staunte nicht schlecht, als er bei einem Spaziergang an der Düssel in Erkrath einen Krebs sichtete. „Das war nicht so ein kleiner, wie man ihn schon mal am Strand sieht. Dieses Exemplar war bestimmt 25 Zentimeter groß und sah genauso aus wie die, die im Restaurant auf dem Teller liegen“, sagt der 44-Jährige. Lange konnte er das Tier jedoch nicht in Augenschein nehmen. Der Krebs verschwand in seiner Höhle. Für Staben war klar: Das Tier muss jemand ausgesetzt haben.
Recherche belehrte ihn eines Besseren. In Nordrhein-Westfalen sind Flusskrebse weit verbreitet. Auf der Seite des Edelkrebsprojektes NRW können Spaziergänger Krebsfunde melden. Mit den Daten versuchen die Naturschützer, sich seit 2006 einen Überblick über die Population zu machen.
„Herr Staben hat mit Sicherheit einen Signalkrebs gesichtet. Diese sind in der Düssel sehr verbreitet“, sagt Projektleiter Harald Groß. Genau auf diese amerikanische Krebsart und ihre ebenfalls amerikanischen Genossen, die Kamberkrebse, sind die Naturschützer nicht gut zu sprechen. Sie seien Schuld, dass heimische Krebsarten, wie Edel- und Steinkrebs, bedroht sind.
Dabei wurden die amerikanischen Arten in den 60er Jahren gezielt in NRW als Lebensmittel angesiedelt. Groß: „Das hatte wirtschaftliche Gründe. Signalkrebse vermehren sich schneller.“ Zudem raffte die Krebspest die Edelkrebse in Massen dahin — ihre amerikaschen Artgenossen sind dagegen resistent. Was nicht bedacht wurde: „Die Signalkrebse dulden keine anderen Arten neben sich“, sagt Groß. Sie werden immer mehr und verdrängen die Edelkrebse. Die Krebspest kann ihnen nichts anhaben, sie verbreiten sie aber.
Die Wupper ist bereits fest in den Zangen der Signalkrebse, im Rhein haben sich die Kamberkrebse breit gemacht. „Gewässer, in denen sich diese Krebse einmal angesiedelt haben, sind wegen der Krebspest für die Heimischen verloren“, sagt Groß. Dennoch hat das von Land und Naturschutzbund finanzierte Projekt dem Signalkrebs den Kampf angesagt. Kleine Unterstützung: Während die amerikanischen Arten von Angelscheinbesitzern gefangen werden dürfen, stehen die Heimischen unter Artenschutz.
500 Helfer wurden bisher von der Initiative ausgebildet, sie sammeln Daten und werten sie aus. „Ein weiterer Bereich ist die Aufklärung“, erklärt Groß. Wenn aus falsch verstandener Tierliebe ein Signalkrebs in einem bisher krebsfreien Baggersee ausgesetzt würde, könnten dort nie heimische Krebse angesiedelt werden — das Ziel der Tierschützer.