Die Tochter des Vercingetorix Der neue Asterix: Treffen mit der Generation Greta
Berlin · Seit heute gibt es einen neuen "Asterix"-Band: Caesar zettelt mal wieder eine Intrige an. Und Obelix muss sich Sprüche von Umweltschützern gefallen lassen.
Die Niederlage von Alesia im Jahr 50 vor Christi war bis jetzt das große Tabu in den Abenteuern des Comic-Helden Asterix. „Alesia? Ich kenne kein Alesia! Ich weiß nicht, wo Alesia liegt! Niemand weiß, wo Alesia liegt“ – mehr hatte Dorfchef Majestix über das gallische Trauma bislang nicht zu sagen. Im neuen Band „Die Tochter des Vercingetorix“ erfahren wir erstmals mehr über den legendären Arverner-Häuptling, der Caesar seine Waffen so schroff vor die Füße warf, dass der Kaiser vor Schmerzen nur so jaulte.
Vercingetorix, eine historisch verbürgte Figur, hatte sich bei der Schlacht in Burgund dem römischen Feldherrn geschlagen geben müssen. Was aber kein Lateinschüler je in Caesars Schinken „Der Gallische Krieg“ zu lesen bekam: Der Arverner-Fürst soll eine Tochter gehabt haben. Jedenfalls haben die „Asterix“-Macher Jean-Yves Ferri (Text) und Didier Conrad (Zeichnungen) das für das 38. Abenteuer ausgeheckt. Das Heft ist ab diesem Donnerstag im Handel.
Adrenaline – optisch eine wilde Mischung irgendwo zwischen Klimaschützerin Greta Thunberg, Vampirjägerin Buffy und Sängerin Ariana Grande – ist ebenso hübsch wie trotzig. Caesar will das rothaarige Teenagermädchen entführen und zur Römerin umerziehen lassen. Doch der römische Kaiser hat die Rechnung ohne die tapferen Gallier gemacht.
Was fehlt, ist die geniale Anarchie von René Goscinny
Obelix muss sich unterdessen kritische Sprüche von der Dorfjugend gefallen lassen, die sich Sorgen um die Umwelt macht, besonders um die Zukunft der überjagten Wildschweine. „Hinkelstein und Zaubertrank sind die Stützen des Wildschweinesystems“, rüpelt ihm Selfix, der Sohn des Dorfschmieds, entgegen. Und als der Fischhändlersohn Aspix Andeutungen über den möglichen Zusammenhang von Zaubertrank und Fettleibigkeit macht, ist beim gutmütigen Dickerchen endgültig Schluss mit lustig.
Texter Ferri und Zeichner Conrad traten vor genau sechs Jahren mit „Asterix bei den Pikten“ das schwere Erbe des „Asterix“-Erfinders Albert Uderzo an. Und gerade was die Zeichnungen angeht, muss man als Fan einfach tiefen Respekt zollen. Didier Conrad scheut nicht mehr vor großen Gruppenszenen zurück. Sein Trick, namenlose Nebenfiguren aus alten Asterix-Abenteuern in neuen Rollen zu recyceln, geht ihm immer flüssiger von der Hand und erleichtert Fans der Klassiker aus den 60er und 70er Jahren die Umgewöhnung. Die Hauptfiguren entsprechen haargenau dem späten Stil von Albert Uderzo.
Das Echo auf das neue Duo ist bisher überwiegend positiv. Skeptiker hatten sich hingegen zuletzt auf Texter Jean-Yves Ferri eingeschossen und ihm schwache Storylines vorgeworfen. Wirklich gerecht ist diese Kritik nicht. „Die Tochter des Vercingetorix“ zum Beispiel kann sich mit einigen Klassikern der Reihe messen.
Was aber schmerzlich fehlt, ist die geniale Anarchie, für die der 1977 gestorbene „Asterix“-Texter René Goscinny verantwortlich gezeichnet hatte. Er erfand zum Beispiel 1964 die Figur des Phöniziers Epidemais. Der sympathisch-schmierige Kaufmann bezeichnet die Rudersklaven seiner Galeere als Gesellschafter, die einen Vertrag unterschrieben haben, ohne ihn richtig durchzulesen. Solche Gags auf Augenhöhe mit Franz Kafka darf man nicht mehr erwarten. Epidemais grüßt in einer Szene des neue Abenteuers buchstäblich nur noch aus der Ferne. Dennoch gehört der neue Band in jede anständige Asterix-Sammlung.