DJ Bobo als UN-Botschafter in Äthiopien
Addis Abeba/Awassa (dpa) - Von den bombastischen Bühnenshows DJ Bobos haben die Kinder in Äthiopien keine Ahnung. Brav sitzen sie im Gras unter einer Schirmakazie und blicken gebannt auf den weißen Mann mit Jeans und Turnschuhen, der ihnen Essen auf die Teller schaufelt.
Eine Spende von über 50 000 Euro hat der 44-jährige Dancefloor-Star mitgebracht, die er bei Prominenten gesammelt hat. Damit ist den Schülern der Hanja-Chafa-Schule in der Nähe der südäthiopischen Stadt Awassa auch in den kommenden zwölf Monaten eine tägliche Mahlzeit gesichert. Die Freude ist groß, aber es gibt kein Halten mehr, als der Schweizer zwei mit bunten Tour-T-Shirts vollgepackte Koffer öffnet. Die meisten hier haben nur zerrissene Lumpen an - und noch nie im Leben ein Geschenk bekommen.
„Die Freude in den Augen der Kinder ist für mich die wichtigste Antriebsfeder, um mich in Afrika zu engagieren“, sagt der Popmusiker („Somebody dance with me“). Seit sechs Jahren ist er Botschafter gegen den Hunger beim Welternährungsprogramm (WFP), der größten humanitären Organisation der Welt. Schon 2007 und 2009 hatte er Nordäthiopien besucht. Die dritte Reise führte ihn nun in den Süden.
Gut erinnert er sich noch an die Emotionen, die ihn vor fünf Jahren übermannten: „Mein erstes Gefühl in Äthiopien war Scham: Die Leute kämpfen täglich darum, überhaupt etwas zu Essen zu haben und scheinen gleichzeitig viel glücklicher als wir.“ Dabei war er mit den üblichen Vorurteilen gekommen, „nach dem Motto: Die Afrikaner halten ja doch nur die Hand auf“. Aber er wurde eines Besseren belehrt: „Die Leute sind extrem fleißig und willig, etwas zu tun.“
Inspiriert hat ihn kein Geringerer als „Menschen für Menschen“-Gründer Karlheinz Böhm. „Ich habe mich immer gefragt, wie ein einzelner Mensch so viel bewegen kann“, meint der im Kanton Aargau geborene Künstler. Auch bei „Live Aid“-Aktivist Bob Geldof holte er sich Rat, bevor er das erste Mal nach Afrika aufbrach.
Dieses Mal ist DJ Bobo ist mit seinem Manager Oliver Jmfeld, dem Leiter des Berliner WFP-Büros Ralf Südhoff sowie einer Delegation der Schweizer DEZA (Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit) unter Führung ihres Chefs Martin Dahinden gekommen. Die DEZA will sich in den kommenden Jahren stärker in der Region engagieren und ihre Hilfen für Äthiopien, Kenia und Somalia aufstocken.
Von der Hauptstadt Addis Abeba aus geht es per Auto in den Süden, vorbei an Teff- und Hirse-Feldern, Eseln, Ziegen und runden Lehmhütten, bis irgendwann die afrikanische Sonne am Horizont versinkt und den Himmel in gleißend oranges Licht taucht.
Nachdenklich blickt DJ Bobo - der mit richtigem Namen René Baumann heißt - aus dem Fenster. „Ich würde meinen Kindern gerne irgendwann Äthiopien zeigen“, sagt er. „Das wären ganz wertvolle, lebenslange Eindrücke für Jamiro und Kayley.“ Eine Lehrstunde mit erhobenem Zeigefinger will er aber nicht abhalten: „Ich möchte nur, dass die beiden wissen, dass nicht alles selbstverständlich ist.“
Am vierten Tag geht es noch für einen Tag per UN-Flieger an die somalische Grenze ins Flüchtlingslager Dolo Ado, wo während der Dürre 2011 weit über 100 000 Menschen Zuflucht gesucht hatten. DJ Bobo will sehen, wie die Flüchtlinge heute leben. Bescheiden und still hört er sich ihre Geschichten an, umarmt Kinder und tanzt mit internationalen Helfern, die spontan Musik auflegen.
WFP-Chef Südhoff lobt die Arbeit seines Botschafters: „Es gibt keinen anderen weltweit, der engagierter ist als DJ Bobo.“ Dabei befindet er sich in guter Gesellschaft: Auch Schauspielerin Drew Barrymore, Sängerin Christina Aguilera und der Fußballer Kaká gehören zu den rund 20 Botschaftern gegen den Hunger.
Etwa 300 000 Euro hat der „Chihuahua“-Star schon gesammelt, bei Poker-Turnieren, Gala-Diners und Versteigerungen. Schon bald wird im Schweizerischen Engelberg ein Prominenten-Skirennen abgehalten, dessen Erlös wiederum Äthiopien zugute kommen soll.
Vor wenigen Wochen hat DJ Bobo seinen Erfolgshit „I believe“ zusammen mit der 80er-Ikone Kim Wilde neu aufgenommen. Da heißt es unter anderem: „Auf der Erde sind wir alle gleich, wir brauchen eine Chance“ und „Ich glaube an Farben, es gibt kein Schwarz oder Weiß“. Der Musiker schmunzelt: „Ich war schon immer ein Weltverbesserer, das sieht man ja auch an meinen Texten. Aber für mich sind das keine Floskeln, ich glaube daran, dass wir etwas verändern können.“