Doppelmord: Bürgermeister prüft rechtliche Schritte

Bodenfelde (dpa) - Weil er den Ermittlungsbehörden indirekt eine Mitschuld am gewaltsamen Tod von Nina (14) und Tobias (13) gibt, lässt Bodenfeldes Bürgermeister Hartmut Koch rechtliche Schritte gegen die Staatsanwaltschaft Lüneburg prüfen.

Er warf der Behörde am Montag erneut vor, zehn Tage vor der ersten Gewalttat keinen Sicherungshaftbefehl gegen Jan O. beantragt zu haben. Dabei habe dieser gegen Bewährungsauflagen verstoßen.

Der 26-jährige Jan O. hat gestanden, im niedersächsischen Bodenfelde am 15. November Nina und fünf Tage später Tobias umgebracht zu haben. Als Motiv für die Tötung des Mädchens hatte er eine abgewiesene sexuelle Annäherung, als Motiv für die Tötung des Jungen Angst vor einer Aufdeckung der ersten Tat genannt.

Wenn die Staatsanwaltschaft den 26-Jährigen rechtzeitig festgesetzt hätte, wären die beiden Opfer noch am Leben, sagte Koch (unabhängige Wählgemeinschaft). Der wegen einer Diebstahlserie im Jahr 2007 auf Antrag der Lüneburger Staatsanwaltschaft verurteilte O. hatte im Herbst wiederholt gegen Bewährungsauflagen verstoßen. Eine Sprecherin der Lüneburger Behörde wies die Kritik des Bürgermeisters am Montag als unbegründet zurück.

Anfang November sei bekanntgeworden, dass der 26-Jährige gegen Weisungen verstoßen und wieder Alkohol getrunken und Straftaten begangen habe, erklärte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Angelika Klee. „Die Voraussetzungen für einen Sicherungshaftbefehl lagen aber nicht vor“. Jan O. habe in dieser Zeit Kontakt zu seiner Bewährungshelferin gehalten und sich in eine Entgiftungseinrichtung begeben wollen. Es habe keine Anzeichen dafür gegeben, dass er schwerwiegende Gewaltdelikte begehen könnte.

Auch das niedersächsische Justizministerium sieht kein Fehlverhalten der Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft Göttingen, zu deren Bezirk Bodenfelde gehört, hatte nach Angaben ihres Sprechers Hans Hugo Heimgärtner ebenfalls keine Veranlassung, gegen Jan O. in der Zeit vor den Tötungsdelikten einen Haftbefehl zu beantragen. Der 26-Jährige habe in den vergangenen Monaten zwar diverse Straftaten begangen. Der Diebstahl von Nahrungsmitteln und Bekleidung sowie zweier Motorroller sowie eine fahrlässige Brandstiftung hätten aber keine Untersuchungshaft gerechtfertigt, sagte Heimgärtner.

Wer - wie der Bodenfelder Bürgermeister - Ermittlungsbehörden unrechtmäßiges Verhalten vorwirft, kann nach Angaben des Justizministeriums bei der Polizei, bei Gericht oder der Generalstaatsanwaltschaft Strafanzeige stellen oder eine Dienstaufsichtsbeschwerde einreichen.