„Doppelte Panik“ bei Udo Lindenberg

Hamburg (dpa) - Rocklegende Udo Lindenberg sieht in diesen Tagen des Öfteren doppelt: Nicht wegen „Lady Whisky“ oder „Woddy Wodka“, die er in seinen Liedern schon besungen hat, denn der 65-Jährige greift inzwischen nach eigenen Worten lieber zu „geheimen Teesorten und stimmbildenden Zigarren“.

Zweifache Erscheinungen haben dem Panikrocker vielmehr ein Besuch im Panoptikum-Wachsfigurenkabinett auf der Hamburger Reeperbahn und sein neues Album beschert.

Lange machte der Musiker („Hinterm Horizont“), der seit mehr als 40 Jahren auf der Bühne steht, einen großen Bogen um seine Wachsfigur im Panoptikum. „Sich da gegenüberzustehen und dann in diese starren Augen zu gucken, ist schon irgendwie ein mulmiges Gefühl“, sagt Lindenberg, der erst Monate nach der Enthüllung seines Wachs-Doubles heimlich einen Blick darauf riskierte und sich nun erstmals zusammen mit ihm ablichten ließ.

Die täuschend echt aussehende Figur ist seit dem vergangenen Jahr zu sehen. Lindenberg lieferte ein Originaloutfit, wollte aber nicht Modell sitzen. „Dafür musste ich ihn komplett von oben bis unten vermessen“, erzählt Fotografin Tine Acke, die Lindenberg seine „Komplizin“ nennt. Seinen einstigen WG-Kumpel Otto Waalkes, dessen Doppelgänger seinen Platz neben dem künstlichen Rocker hat, fand der Sänger wie den Wachs-Udo nach einem Blick auf das gemeinsame Foto „top gelungen“.

Einen Panikrocker der leiseren Art gab er jüngst selbst: Für die renommierte MTV-Unplugged-Reihe zog Lindenberg den Stecker und lieferte Musik ohne bombastische Verstärker. Eine Akustikshow ohne E-Gitarren, dafür mit klassischen Instrumenten und Kinderstreichorchester. Und eine musikalische Zeitreise durch sein panisches Rock'n'Roller-Leben mit Weggefährten und Freunden wie Jan Delay, Frida Gold, Stefan Raab, Clueso, Inga Humpe und Max Herre - „Giganten der deutschen Rock- und Rap-Oberliga“, sagt der Musiker.

Für das Konzert verlegte er sein „Wohnzimmer“ - die Lobby des Hamburger „Atlantic“-Hotels - kurzerhand auf das Gelände der Kampnagel-Kulturfabrik in der Hansestadt. Etwa 700 Songs hat Lindenberg, der vor fast 40 Jahren mit „Hoch im Norden“ den ersten Hit landete, bis heute geschrieben. 24 erscheinen in der Unplugged-Version auf seinem Doppelalbum - der „Doppelzimmer-Edition“.

Der Hotel-Dauergast hat seine „Panikzentrale“ im „Atlantic“ derweil ein bisschen entrümpelt. „Seither lebt er mal hier, mal dort, bewegt sich mit Minimalgepäck, Badehose, Zahnbürste“, schreibt Autor und Lindenberg-Freund Benjamin von Stuckrad-Barre im Booklet zur Doppel-CD, „die linke Jackentasche ist sein Büro, die rechte dient als Apotheke, die Brusttasche ist sein Humidor, und auf geht's“. Die „Panikzentrale“ sei kein fester Ort mehr, sondern dort, wo sich Deutschlands berühmtester Hutträger gerade aufhalte.