Drei Tote bei Kreuzfahrt-Drama im Mittelmeer
Rom (dpa) - Schlimmes Ende einer Mittelmeerkreuzfahrt: Vor der toskanischen Küste ist ein Kreuzfahrtschiff gekentert. Bei dem schweren Schiffsunglück in der Nacht zum Samstag kamen zwei französische Passagiere und ein Crew-Mitglied aus Peru ums Leben.
Dutzende Menschen wurden nach der Havarie in der Nähe der kleinen Insel Giglio noch vermisst. 67 Menschen an Bord der „Costa Concordia“ wurden verletzt oder mussten zumindest medizinisch beobachtet werden, wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete. Etwa 4230 Passagiere und Besatzungsmitglieder waren an Bord.
Die Crew hatte einen Stromausfall gemeldet, bevor das Schiff vom Kurs abkam. Nach ersten Ermittlungen habe das Schiff einen Felsen gerammt, sagte der Chef des Kreuzfahrtunternehmens Costa Crociera, Gianni Onorato, dem italienischen TV-Sender Sky 24. Der Kapitän, der in diesem Moment auf der Brücke gewesen sei, habe dann entschieden, das Schiff evakuieren zu lassen. Er wurde festgenommen.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Kapitän wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und Herbeiführung eines Schiffbruchs. Die Präfektur in Grosseto teilte mit, sie lasse prüfen, wie die 2400 Tonnen Treibstoff in den Tanks gesichert werden könnten, um eine größere Umweltverschmutzung zu vermeiden.
Die 566 deutschen Passagiere sollten noch am Samstagabend wieder nach Deutschland kommen. Nach Angaben des Pressesprechers der Costa Kreuzfahrten, Werner Claasen, sollten sie von Rom mit Linienmaschinen der Lufthansa nach Deutschland fliegen. Zehn bis 12 der deutschen Passagiere sind nach seinem Kenntnisstand bei dem Unglück leicht verletzt worden. Doch auch sie sollten nach Hause fliegen.
Das 290 Meter lange Kreuzfahrtschiff lag in kompletter Schräglage vor der Insel. Den ganzen Samstag über suchten Rettungsmannschaften im Schiff und auf dem Meer nach Vermissten, wie Ansa berichtete. Passagiere sagten in mehreren Interviews, an Bord sei Panik ausgebrochen, die Rettung sei viel zu spät eingeleitet worden und chaotisch gewesen. Viele sprangen ins kalte Wasser, um zu der nahen Insel zu schwimmen. Rettungsmannschaften berichteten, sie hätten bis zu 150 Menschen aus dem Meer geborgen und an Land gebracht.
Die in Genua ansässige Kreuzfahrtgesellschaft Costa Crociere nannte den Unfall eine bestürzende Tragödie und sprach den Angehörigen der Opfer ihr Beileid aus. In einer Seite der „Costa Concordia“ klaffte ein 70 Meter langer Riss. Offensichtlich habe es einen Felsen geschrammt, sagte ein Augenzeuge.
Der Unglücksort befindet sich nur wenige hundert Meter vor dem Hafen der Insel. Am Samstag wurde noch in dem unter Wasser liegenden Teil des havarierten Kreuzfahrtschiffes nach Menschen gesucht. Auch mehrere Hubschrauber kamen zum Einsatz. Passagiere aus mehr als 20 Ländern hatten die Kreuzfahrt gebucht.
Als das Schiff Schlagseite bekam, seien Passagiere in Panik geraten und über Bord gesprungen, sagte der Präfekt der Region Grosseto, Giuseppe Linardi. Die zunehmende Neigung des Schiffes habe die ordnungsgemäß erfolgte Evakuierung sehr erschwert, erklärte die Kreuzfahrtgesellschaft.
Eine Reihe von Passagieren klagte, die Besatzung habe für die Rettungsaktionen nicht richtig ausgebildet gewirkt. Das zuständige Hafenamt von Livorno ordnete daraufhin eine Untersuchung zur Ursache des Unglücks sowie zum Umgang der Crew mit Rettungsbooten und Schwimmwesten an.
„Es ging ein Ruck durch das Schiff“, beschrieb der Deutsche Peter Honvehlmann aus Nordrhein-Westfalen per Telefon der Nachrichtenagentur dpa die Situation. „Innerhalb kürzester Zeit bekam es eine Schräglage, so dass die Vasen von den Tischen fielen, von den Tresen fiel alles runter, (...) so ähnlich wie im Film "Titanic", man hat es nicht geglaubt.“ Der 38-Jährige wurde zusammen mit seiner Frau gleich zu Beginn der Evakuierung von Bord gebracht.
Man sei von einem technischen Defekt unterrichtet worden, sagte Honvehlmann. Die Mannschaft habe versucht, die Leute zu beruhigen. „Dann trieb das Schiff immer mehr auf die Küste zu.“ Die Rettung sei chaotisch gewesen. „Das war die erste Kreuzfahrt in meinem Leben und sicherlich auch die letzte, sowas geht ja gar nicht.“
Das Schiff wurde nach Angaben der Kreuzfahrtgesellschaft 2006 gebaut und bietet in 1500 Kabinen Platz für 3780 Passagiere, um die sich 1100 Besatzungsmitglieder kümmern. Es ist nicht der erste Zwischenfall mit der „Costa Concordia“. 2008 hatte das Schiff bei der Einfahrt in den Hafen von Palermo in schwerem Sturm die Hafenbefestigung gerammt und war beschädigt worden.
Nach Auskunft des Branchenverbandes European Cruise Council (ECC) haben Kreuzfahrtschiffe in den vergangenen beiden Jahrzehnten weltweit mehr als 90 Millionen Passagiere befördert. 2010 gab es nach ECC-Angaben in Europa 198 Kreuzfahrtschiffe mit Kapazitäten von 100 bis 3600 Passagieren.