„Durst auf Blut“: Prozess um Satanismus-Mord beginnt

Tübingen (dpa) - Aus satanistischer Mordlust sollen zwei Freunde im Juni 2013 einen Prager Taxifahrer mit einem Beil getötet haben - jetzt stehen der 16- und der 22-Jährige aus Rottenburg bei Tübingen vor Gericht.

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Der Vorsitzende Richter Martin Streicher schloss zu Beginn der Verhandlung die Öffentlichkeit vom Prozess aus. Der erste Verhandlungstag endete nach zwei Stunden überraschend früh. Die beiden sind weitgehend geständig. Dem 22-Jährigen droht eine lebenslange Haftstrafe, dem 16-Jährigen, für den das Jugendstrafrecht gilt, bis zu zehn Jahre. Das Urteil wird am 27. Mai erwartet.

„Es wurde versäumt, die Mutter des 16-jährigen Angeklagten vorzuladen“, berichtete der Verteidiger des 22-Jährigen nach dem ersten Verhandlungstag.

Die Füße und Hände gefesselt, betraten die Angeklagten am Morgen den Gerichtssaal vor den Augen zunächst zahlreicher Zuschauer. Während sich der 22-Jährige unter der Kapuze seines Pullovers versteckte und zusammengekauert neben seinem Verteidiger saß, blickte sich der 16-Jährige selbstbewusst im Raum um, richtete den Blick auf die Besucher, schmunzelte im kurzen Gespräch mit seinem Verteidiger.

Eigentlich müsste sich der 16-Jährige trotz Minderjährigkeit vor der Öffentlichkeit für seine Taten verantworten: Wegen seiner Entwicklungsdefizite stehe das Interesse an seiner Erziehung aber über dem der Öffentlichkeit, erklärte Richter Streicher. Der Angeklagte leide unter dem Asperger-Syndrom, einer autistischen Entwicklungsstörung. Er sei narzisstisch, in einer kindlichen Fantasiewelt gefangen und prahle damit, eine „fantastische Persönlichkeit“ zu sein.

Satanismus und Vampire faszinierten die beiden Freunde - sie lasen darüber, hörten Musik aus der Szene und schauten Filme, in denen es teilweise um extreme Gewalt ging, wie es von der Staatsanwaltschaft hieß. Nach und nach seien konkrete Gewalt- und Tötungsfantasien entstanden.

Aus „Durst auf Blut“ hatten sich die Angeklagten schließlich nach eigener Aussage das erste Mal im Frühjahr 2013 auf die Suche nach einem Opfer gemacht: In Metzingen wollten sie einen Autofahrer angreifen - der konnte im letzten Moment flüchten.

Einige Wochen später setzten sich die beiden nach Prag ab. Mitten in der Stadt seien sie in ein Taxi gestiegen und hätten sich an eine dunkle, abgelegene Stelle außerhalb der tschechischen Hauptstadt in der Nähe eines Friedhofs fahren lassen.

Am Ziel sollen sie sich noch mit dem ahnungslosen Taxifahrer unterhalten haben, bevor sie unvermittelt auf ihn losgingen: Mit Beil und Schraubenschlüssel schlugen sie auf ihr Opfer ein und würgten den 38-Jährigen. Der versuchte, zu fliehen, stürzte aber wegen der heftigen Beilhiebe zu Boden.

Der Mann erlitt insgesamt 42 Schnitt- und Hiebverletzungen. Eine Halsverletzung führte zum Tod. Nach der Tat nahmen die Angeklagten ihrem Opfer noch Uhr, Autoschlüssel und Handy ab und flüchteten nach Deutschland.

Die tschechischen Ermittler kamen ihnen schnell auf die Spur, eine Woche später griffen SEK-Beamte in Rottenburg zu und konnten beide festnehmen. Die beiden Freunde waren laut Anklage schon vor der Tat verhaltensauffällig und deshalb in Rottenburg in unterschiedlichen Wohngruppen untergebracht.