Ehec ist noch lange nicht Geschichte
Münsteraner Forscher haben Erreger weiter im Blick.
Münster. Mehr als ein halbes Jahr nach Ende der Ehec-Epidemie mit 53 Toten in Deutschland beschäftigt der gefährliche Erreger weiter die Forschung. „Der Ausbruch ist vorbei, aber der Keim ist noch da und hat im Menschen überlebt“, sagte Professor Helge Karch, Direktor des Instituts für Hygiene an der Uniklinik Münster.
Wo der Killer-Keim herkam und wie er entstand, treibt Karch und sein Team um, das im Mai das Erbgut des Erregers entschlüsselt hatte. Von Anfang Mai bis Anfang Juli waren in Deutschland 53 Menschen an den Folgen einer Ehec-Infektion gestorben, 3800 erkrankten.
Während man die Erreger in Deutschland im Blick habe, wisse niemand, welche Ehec-Typen weltweit grassierten. „Durch die Globalisierung haben wir Kontakt mit Erregern aus der ganzen Welt.“ Auch wie der spezielle Erregertyp entstanden sei und welche Rolle unsere veränderte Umwelt, etwa die Erderwärmung, dabei spiele, bleibe ein Rätsel. Um das zu lösen, setzen sich die Wissenschaftler genauestens mit dem Keim auseinander.
Selbst Experten waren im Mai überrascht von der Wucht, mit der sich der Keim ausbreitete. „Ich bin kein Angsthase und beschäftige mich schon lange mit Ehec-Stämmen, aber einen Stamm mit diesem Potenzial hatte es bis dahin nicht gegeben“, sagte Karch rückblickend. „Wir haben Tag und Nacht daran gearbeitet, den neuen Erregertyp zu identifizieren und einen Test zu entwickeln, um den Stamm spezifisch nachweisen zu können.“
Vier Stunden Schlaf mussten den Forschern reichen, denn Patienten bundesweit hofften auf schnelle Ergebnisse. Auch heute sieht Karch die aggressive Gen-Kombination aus zwei Bakterienstämmen jede Woche noch in Stuhlproben. „Manche Patienten scheiden den Keim noch aus, andere haben sich neu infiziert.“ Aber: „Es sieht so aus, als hätte er sich ein bisschen abgeschwächt.“
Dass in naher Zukunft ein neuer großer Ausbruch auf Deutschland zukommt, glaubt Karch nicht. „Aber versprechen kann ich das nicht.“ Therapien müssten entwickelt und die Erkrankung früher diagnostiziert werden. „Wenn die Patienten blutigen Durchfall haben, muss man schon an Ehec denken.“
Auch emotional lässt Karch die Zeit um den Ausbruch nicht los. „Am Tag kann ich mich ganz gut ablenken, aber ich träume noch von dieser Zeit und von den Fragen, was man machen kann und muss. Das ist eine Zeit, die einem bis zum Lebensende im Gedächtnis bleibt.“