Ein Aussteiger rechnet ab
Daniel Domscheit-Berg war drei Jahre Partner und Sprecher von Wikileaks-Gründer Julian Assange.
Berlin. Kleider machen Aktivisten, findet der ehemalige Wikileaks-Sprecher Daniel Domscheit-Berg. „Ich war der Überzeugung, dass wir bei manchen Terminen in konservativer Kleidung mehr erreichten als in unserer Schluffi-Montur“, schreibt er und zeigt selbst, wie es geht. Als der Ex-Wikileaks-Mann gestern sein Buch vorstellte, trug er einen schwarzen Pullover und ein auffällig türkisfarbenes Hemd. Das sind auch die Farben, mit denen das Cover seines Buches gestaltet sind.
Ab heute ist Daniel Domscheit-Bergs Buch im Handel erhältlich: „Wikileaks inside — Meine Zeit bei der gefährlichsten Website der Welt“ lautet der Titel. Auf 300 Seiten packt Domscheit-Berg aus, enthüllt höchst private Dinge über Projektgründer Julian Assange und offenbart, dass die bei den Regierenden gefürchtete Enthüllungsplattform „lange nur aus zwei Vollzeit-Leuten und einem Server“ bestand.
Aus Sorge um die Sicherheit habe er einige Dokumente nach seinem Ausstieg mitgenommen — will sie aber wieder zurückgeben. Wikileaks will rechtlich gegen den ehemaligen Sprecher vorgehen.
Die Entscheidung, Internes nach außen zu tragen, sei ihm sehr schwergefallen, schreibt der Deutsche in der Vorbemerkung seines Buchs. Auf einer Pressekonferenz sagte der Autor: „Es ist kein Abrechnungsbuch“. Was Domscheit-Berg aber schreibt, ist eine höchst private Bilanz von drei Jahren an der Seite von Julian Assange.
Das Ausmaß der in dieser Zeit erfahrenen persönlichen Verletzungen versucht der Autor in Anekdoten zu offenbaren: „Gab es vier Scheiben Leberkäse, aß er drei und ließ mir nur eine, wenn ich zu langsam war.“ Auf die Frage, warum er auf solche Details eingehe, antwortete er: „Das vermittelt ein Bild, was aus meiner Sicht wichtig ist.“
Assange, „dieser verrückte Australier“, habe sich in einem ständigen Kampf um Dominanz befunden, schreibt Domscheit-Berg. Davon sei nicht einmal sein Kater verschont geblieben: „Seit Julian bei mir in Wiesbaden gewohnt hat, leidet er unter einer Psychose.“
Domscheit-Berg verspricht durch sein Buch einen Blick hinter die Kulissen, einen Beitrag zu einer „korrekten historischen Aufzeichnung“. Was er erzählt, ist aber vor allem seine eigene Geschichte des Scheiterns einer Freundschaft, die bis zum Schluss ambivalent bleibt.
Einerseits bekennt der Autor, dass er Assange manchmal hasse. Andererseits führt er ihn in den Danksagungen auf. Einerseits klagt er, für Assange „meinen Job aufgegeben, meine Freundin, die Familie und Freunde vernachlässigt“ zu haben. Andererseits bekennt er, „dass ich die vergangenen Jahre gegen nichts in der Welt zurücktauschen würde“.