Kommentar Ein Bahnstreik ohne Verantwortung? Weselskys Motive

Meinung · Klar, es ist Wesenskern des Streiks, dass er wehtun muss. GdL-Chef Claus Weselsky lebt das wie kein anderer. Aber das Maß hat er dabei oft verloren. Nur im Ergebnis auch oft gewonnen. Ein Kommentar.

Claus Weselsky, Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), spricht auf bei einer Abschlusskundgebung. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hatte zu einem 20-stündigen Warnstreik bei der Deutschen Bahn AG aufgerufen.

Foto: dpa/Christian Charisius

Wer eine Bahn brauchte, die nicht kam, wird schnell auf jenen Namen gestoßen sein, der vielen Bahnkunden seit Jahren die Zorneswut ins Gesicht treibt: Claus Weselsky, Chef der Gewerkschaft der Lokführer (GdL). Die sind als deutlich kleinere von zwei Bahngewerkschaften gar nicht so viele. Aber es geht ohne die Lokführer im Bahnbetrieb nicht viel. Verdruss entsteht bei den Kunden vor allem, weil Weselsky über einen akzeptablen und natürlich immer möglichen Arbeitskampf hinaus unbarmherzig agiert wie kaum ein anderer Gewerkschaftsführer. Er pöbelt, emotionalisiert, er prahlt. Und wirkt oft verantwortungslos. Er hat dabei nicht nur die Arbeitsbedingungen für seine Mitglieder im Blick, die unter vergleichbaren Fachkräften als Besserverdiener gelten, sondern auch den ewigen Konkurrenzkampf mit der deutlich größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Es ist ein Streik-Wettbewerb um Mitglieder und Macht im Konzern der Bahn. Der schlägt ein in die Gesellschaft, weil es zum Schienenverkehr – wenn man sich denn einmal zu ihm bekannt hat – nicht schnell Alternativen gibt. Das macht sich die GdL zunutze. Klar, es ist Wesenskern des Streiks, dass er wehtun muss. Weselsky lebt das wie kein anderer. Aber das Maß hat er dabei oft verloren. Nur im Ergebnis auch oft gewonnen.