Elke Heidenreich: Über Geburtstage rede ich nicht

Elke Heidenreich wird 65Jahre alt und ist Deutschlands Literaturpäpstin – das würde sie aber selbst nie sagen.

<strong>Köln. Elke Heidenreich will über alles reden. Über ihren Krach mit Günter Grass, dessen erotische Gedichte sie eklig findet. Über ihre Abneigung gegen Harald Schmidts neue Show mit Oliver Pocher. Oder über ihre Unzufriedenheit mit dem späten Sendetermin von "Lesen!". Aber bei einem Thema blockt sie ab. Über ihren heutigen 65. Geburtstag sagt sie nur: "Red ich nicht drüber. Geburtstag - was ist das schon? Geburtstag hat jeder."

"Die Leute glauben mir, weil sie mich so lange kennen"

Vielleicht ist es ja ihre Art von Geburtstagsbewältigung, dass sie immerhin bereitwillig ihr Leben Revue passieren lässt. Sie sitzt entspannt in einer hässlichen grauen Polsterecke der Kölner Oper und erzählt über ihren Weg vom Ruhrgebietskind aus einfachen Verhältnissen zur "mächtigsten Person des deutschen Literaturbetriebs". So nennt man sie seit Beginn ihrer "Lesen!"-Sendung im ZDF vor fünf Jahren, in der sie euphorisch und radikal subjektiv Bücher empfiehlt.

Sie selbst würde Bezeichnungen wie "Literaturpäpstin" nie verwenden, aber überrascht hat sie ihr Erfolg auch wieder nicht. Denn sie hat damit gerechnet, dass die von ihr empfohlenen Bücher Bestseller werden könnten. "Ich hätte sogar noch mehr erwartet. Leute, die lesen, aber sich nicht totsuchen wollen, brauchen jemanden, der ihnen Orientierung gibt. Und das bin ich, weil sie mich schon so lange kennen. Sie haben Vertrauen zu mir."

Und so arbeitet sich Elke Heidenreich in ihrer Kölner Wohnung jeden Tag durch Stapel von Büchern. Oft liest sie im Bett die Nacht durch. Nie, so beteuert sie, würde sie ein Werk eines ihr bekannten Autors als Freundschaftsdienst empfehlen: "Es muss mir wirklich gefallen. Das wissen inzwischen aber auch alle."

Von den zahllosen Bänden, die ihr zugeschickt werden, behält sie nur wenige und gibt die anderen an eine von der Schließung bedrohte Bücherei. Wenn sie mal genug vom Lesen hat, dreht sie draußen eine Runde und trifft vielleicht den in der Nähe wohnenden Harald Schmidt mit seinen Kindern, der mit ihr auch gern über Neu-Erscheinungen plaudert.

Ihr Lieblingsbuch war "Doktor Dolittle". Seitdem mag sie die Tiere so, dass sie "fleischarm" isst und nur noch bei Mettwürstchen schwach wird: "Ruhrgebiet eben."

Später hat sie selbst ein Tierbuch geschrieben, "Nero Corleone" über ihren Kater aus Italien. An zwei Nachmittagen entstanden, wurde die Geschichte in 23 Sprachen übersetzt. Seitdem arbeitet sie nicht mehr, um Geld zu verdienen. Neros Katzenfreundin ist mittlerweile 14 Jahre alt und lebt weiter bei ihr in Köln.

Persönlich Elke Heidenreich wurde am 15. Februar 1943 in Korbach geboren und wuchs in Essen auf. Sie studierte in den 60er Jahren Germanistik, Publizistik und Theatergeschichte. Sie war mit den Schriftstellern Gert Heidenreich und Bernd Schroeder verheiratet und arbeitet bis heute mit ihnen zusammen.

Beruflich Populär wurde Elke Heidenreich durch die Figur der Metzgersfrau Else Stratmann. Sie moderierte Talkshows (u.a. "Kölner Treff", WDR, und "Live aus der Oper") und schrieb zahlreiche Bücher. Seit 2003 empfiehlt sie Bücher im ZDF.